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Wohin entwickeln sich die Staatsfinanzen ...?

Nach der Publikation der IHK-Studie zum finanzpolitischen Handlungsbedarf Wohin entwickeln sich die Staatsfinanzen ...?

Eva Nietlispach, Kurt Weigelt

Michael Götte, Leiter kantonale Politik IHK

Im vergangenen November präsentierte die IHK St.Gallen-Appenzell mit der Studie «Die Finanzlage der Ostschweizer Kantone» eine ­umfassende Untersuchung der Finanzperspektiven der Kantone ­St. Gallen, Thurgau und beider Appenzell. Das Fazit: Die langfristige Situation ist durchaus besorgniserregend. Derweil geht die kantonale Politik zur Tagesordnung über und ignoriert, dass ein tief greifendes Umdenken nötig sein wird.

Seit einigen Jahren kennt der Kanton St.Gallen das Instrument des Aufgaben- und Finanzplans, welcher dem Parlament vorgelegt wird. Dieses Instrument zeigt im Vergleich zum alljährlichen Budget eine Entwicklung über die nächsten drei Jahre auf. Im vergangenen Jahr wurde zum ersten Mal sogar eine Langzeit­entwicklung der Finanzen bis ins Jahr 2035 vorgelegt. Alle Entwicklungsperspektiven zeigen auf, dass der Staat zurzeit von der Hand in den Mund lebt. Der Kantonshaushalt von St.Gallen befindet sich in einem strukturellen Ungleichgewicht. Die Ausgaben erhöhten sich im Lauf der Jahre schrittweise und lassen kaum Spielraum zu für zukunftsträchtige Investitionen wie die IT-Bildungsoffensive.

Die Staatsquoten steigen und steigen, die längst fälligen Unterhaltsarbeiten werden hinausgeschoben, die Pensionskasse wird in absehbarer Zeit eine erhebliche Finanzspritze benötigen und die Steuereinnahmen von Wirtschaft und Privatpersonen werden Jahr für Jahr optimistischer prognostiziert. Bis zum heutigen Tag ist dies auch überraschend gut aufgegangen. Wie lange dies noch so funk­tioniert, ist jedoch fraglich.

IHK-Studie zur Finanzlage

Dies war mit ein Grund, weshalb die IHK St. Gallen-Appenzell anlässlich der Veranstaltung «Zukunft Ostschweiz» von vergangenem November das Thema Staatsfinanzen in den Fokus stellte. Es wurde von Advokaten aus der kantonalen Politik beider Appenzell, Thurgau und St.Gallen aufgezeigt, mit welchen Massnahmen ein Umdenken in der ­Politik stattfinden könnte. Die Handlungsoptionen Schwerpunktbildung, Strukturreform, Verschuldung, Steuererhöhung, Nutzerfinanzierung und Sparen wurden einander gegenübergestellt. Leider haben bis heute diese Überlegungen noch kein grosses Gehör in der Politik gefunden. Stattdessen haben einzelne Departemente einen Grund für die Rechtfertigung gesucht und die wissenschaftlich kommentierten Zahlen der IHK hinterfragt.

Geschöntes Eigenkapital

Ein Blick auf den aktuellen Aufgaben- und Finanzplan des Kantons St.Gallen 2018 bis 2020 zeigt auf, dass die Interpretation von Zahlen immer eine Ansichtssache bleibt. So titelt die St.Galler Regierung in ihrer Medienmitteilung vom 3. Januar 2017: «Stabilisierung des kantonalen Finanzhaushaltes» Diese Aussage ist doch etwas optimistisch, wenn man beachtet, dass die mutmasslichen operativen Defizite im kommenden Jahr 56 Millionen Franken, im Jahr 2019 22,7 Millionen und im darauffolgenden Jahr gar 77,4 Millionen Franken ausmachen. Korrigiert wird das Resultat Jahr für Jahr mit einem erheblichen Bezug des Eigenkapitals. Ohne Sondereffekte wie den Verkauf der Spitalimmobilien oder ausserordentliche Gelder der Nationalbank wäre das Eigenkapital schon bald aufgebraucht. Die löbliche Ausnahme ist das Jahr 2017. Aber auch hier wird schnell festgestellt, dass das positive Resultat von fast 300 Millionen Franken trügt. Dieses stammt hauptsächlich aus der Übertragung der Spitalimmobilien an den Spitalverbund.

Auch wenn teilweise der notwendigen Unternehmenssteuerreform III, und dem chronischen Problem der Pensionskasse eine gewisse Schuld zugewiesen wird, so ist dies nur eine partielle Betrachtung des Problems. Langfristig wird sich der Staat nicht mehr in der heutigen Gewohnheit finanzieren können. Mögliche Lösungsansätze hat die IHK aufgezeigt. Es bleibt zu hoffen, dass ein Umdenken stattfindet, bevor es zu spät ist.

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