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Teure Förderung des öffentlichen Verkehrs

Innert 15 Jahren verdreifachten sich im Kanton St. Gallen die Ausgaben für den öffentlichen Verkehr Teure Förderung des öffentlichen Verkehrs

Dr. Frank Bodmer, Leiter IHK-Research

Der Staat fördert den öffentlichen Verkehr mit hohen Summen. Auf diese Weise konnten im Kanton St. Gallen die Nutzerzahlen erhöht werden. Trotzdem sind die Durchschnittskosten nicht gesunken, da die staatlichen Beiträge pro Kilometer erhöht wurden. Massiv gestiegene Ausgaben für den öffentlichen Verkehr sind die Folge. Damit werden auch Angebote gefördert, für die kaum eine Nachfrage besteht.

Für die Politik stehen oft die negativen Effekte des motorisierten Individualverkehrs im Vordergrund. Diese eindimensionale Sicht ist nicht angemessen. In erster Linie erlaubt der Verkehr den Transport von Personen und Gütern und stellt ein zentrales Element einer modernen Volkswirtschaft dar. Die optimale Verteilung zwischen den Verkehrsträgern muss deshalb sowohl den Nutzen als auch die monetären und die externen Kosten der einzelnen Verkehrsträger miteinbeziehen. Beim Nutzen der verschiedenen Verkehrsträger spielen Reisezeit und Komfort eine wichtige Rolle. Der Individualverkehr hat den klaren Vorteil, dass er direkte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, ohne Wechsel des Verkehrsmittels, zulässt. Er ist damit bei mittleren und kurzen Distanzen in der Regel deutlich schneller als der öffentliche Verkehr.¹

Kosten der Verkehrsmittel

Grundsätzlich könnte erwartet werden, dass beim motorisierten Individualverkehr der Komfort einer schnelleren Verbindung mit höheren Kosten erkauft wird. Das ist aber zumindest für den Kanton St. Gallen nicht durchwegs der Fall. Ein Personenkilometer kostet bei der Bahn 32 Rappen, bei Bussen 65 Rappen (siehe Abbildung 1). Ein im Auto zurückgelegter Personenkilometer liegt mit etwa 45 Rappen dazwischen.² Der Beitrag an die Infrastrukturkosten der Strasse ist dabei bereits eingeschlossen, da diese über Treibstoffzölle und andere Abgaben von den Verursachern selber finanziert werden. Dazu kommen pro gefahrenen Personenkilometer noch etwa 5 Rappen an externen Kosten, welche allerdings auch bei Bussen und in geringerem Mass bei Bahnen anfallen.³

Problematische Subventionen

Liegen externe Kosten vor, also Kosten, die von den Verursachern nicht getragen werden, so wäre die ökonomisch korrekte Lösung eigentlich eine Lenkungsabgabe. Diese läge bei rund 5 Rappen pro gefahrenen Personenkilometer, entsprechend der Höhe der externen Effekte. In der Realität wird allerdings etwas ganz anderes gemacht. Es wird nicht der private Verkehr verteuert, sondern der öffentliche Verkehr verbilligt, dies weit jenseits der erwähnten 5 Rappen. Im Kanton St. Gallen zahlen Bund, Kanton und Gemeinden pro gefahrenen Bahnkilometer rund 18 Rappen, pro gefahrenen Buskilometer sogar 34 Rappen (Abbildung 1).
Das ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Erstens wird der Verkehr als Ganzes subventioniert, was die Nachfrage künstlich erhöht. Für eine solche Subventionierung gibt es volkswirtschaftlich keinen guten Grund. Zweitens werden Leistungen ausgebaut, nach denen wenig Nachfrage besteht und welche weit von der Eigenwirtschaftlichkeit entfernt sind. Der Anteil der von den Nutzern getragenen Kosten kann bei den Bahnen in St. Gallen bis auf 30% und weniger sinken, wie die vom Kanton publizierten Zahlen zeigen. Bei den Bussen ergeben sich sogar Fälle mit einem Deckungsgrad von weniger als 20%.

Steigende Ausgaben für die öffentliche Hand

Mit der Subventionierung des öffentlichen Verkehrs wird eine Erhöhung der Nutzerzahlen angestrebt, welche auch erreicht werden konnte. Eigentlich sollten höhere Nutzerzahlen zu sinkenden Durchschnittskosten führen. Viele Kosten des öffentlichen Verkehrs sind nämlich fixer Natur. Von einem solchen positiven Effekt auf die Durchschnittskosten ist in der Praxis aber nichts zu sehen. Der Anstieg der Nutzerzahlen ging nämlich bei den St. Galler Bahnen mit einem höheren staatlichen Beitrag pro Kilometer einher. Zusammen mit den steigenden Nutzerzahlen führte dies zu einem massiven Anstieg der Ausgaben für den öffentlichen Verkehr.
Im Kanton St. Gallen fand zwischen 2000 und 2015 eine Verdreifachung statt (Abbildung 2). Kanton und Gemeinden wenden zusammen inzwischen mehr als 100 Millionen Franken pro Jahr für den öffentlichen Verkehr auf, dies nach Abzug der Beiträge des Bundes von etwa 40 Millionen Franken. Die Abgeltungen von je rund 40 Millionen Franken für Kanton und Gemeinden stellen dabei nur einen Teil der gesamten Ausgaben dar, da die Investitionen fehlen. Der Investitionsschub wird zudem in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einem deutlich höheren Unterhalts- und Abschreibungsbedarf führen und die nötigen Abgeltungen weiter erhöhen.


1  Beim Komfort dürften keine allgemeingültigen Aussagen möglich sein, da sich die Präferenzen doch sehr stark unterscheiden. Das Auto verlangt den Einsatz eines Fahrers, und die Verkehrslage verlangt mehr oder weniger Nerven. Beim öffentlichen Verkehr stellen überfüllte Verkehrsmittel und Haltestellen ein Problem dar.
2  Die Zahlen für den öffentlichen Verkehr stammen aus «Standbericht 2017. Der öffentliche Verkehr im Kanton St. Gallen». Es handelt sich um Vollkosten, welche neben den Betriebskosten auch die Folgekosten für die Infrastruktur und die Fahrzeuge beinhalten. Beim Auto handelt es sich um die Kosten für Betrieb, Unterhalt und Abschreibungen des TCS-Musterautos mit einem Neuwert von etwa 35 000 Franken, nämlich 70 Rappen pro Kilometer, bei einer Belegung von 1,6 Personen pro Auto.
3  Laut der Statistik der Kosten und der Finanzierung des Verkehrs des Bundesamtes für Statistik betrugen die von den Verursachern im Jahr 2010 nicht getragenen Unfallkosten beim Auto etwa 0,6 Milliarden, die Umwelt- und Gesundheitskosten 4,3 Milliarden Franken. Dagegen lagen die Infrastrukturkosten mit 5,7 Milliarden Franken unter den von den Nutzern bezahlten Steuern und Abgaben von 6,5 Milliarden.

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