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Ostschweizer Logistiker stark gefordert

Vom «Dauer-Black-Friday» bis zu Hygienestandards Ostschweizer Logistiker stark gefordert

Edith Horváth, Kommunikation IHK St.Gallen-Appenzell

Neben dem Gesundheitswesen war wohl keine andere Branche mehr gefordert als die Logistik. Die IHK sprach mit drei Unternehmen aus der Ostschweiz über ihre Erfahrungen während der Krise. In einem sind sich alle einig: Die Ostschweizer Wirtschaft wird diese Krise gut überstehen.

Die Schweizer Wirtschaft wird diese Krise gut aufarbeiten.

Dominik Hasler, Geschäftsleiter Hasler Transport AG, sagt: «Wir sind zum Glück sehr breit aufgestellt und spürten die ersten zwei Wochen des Lockdowns gar nicht. Danach hatten wir etwa zehn Prozent Umsatzeinbussen. Vor allem für unsere Chauffeure waren die Massnahmen sehr unangenehm: Sie wurden teilweise wie Aussätzige behandelt und konnten wegen geschlossener Raststätten unterwegs kaum Toiletten benutzen. Für unsere Mitarbeitenden erarbeiteten wir ein Hygienekonzept, von dem die Chauffeure allerdings weniger betroffen waren, da sie alleine in ihrem Fahrzeug unterwegs waren. Da auf den Strassen wenig los war, hatte der Lockdown für sie auch eine positive Seite. Meiner Ansicht nach wird die Schweizer Wirtschaft diese Krise gut aufarbeiten.»

Der Lockdown bedeutete einen «Dauer-Black-Friday».

Milo Stössel, CEO MS Direct Group AG, sagt: «Das Wichtigste für mich ist es, die Gesundheit unserer Mitarbeitenden sicherzustellen. Gesundheit geht vor, und dennoch müssen wir gleichzeitig die Business Continuity gewährleisten. Entscheidend sind ein gutes Pandemie-Konzept und ein Team, das frühzeitig aktiv wurde und professionell und kontinuierlich abwägte, was im aktuellen Zeitpunkt wichtig war. Eine besondere Belastung ist, dass die sozialen Kontakte fehlen. Auch die Zusatzlast ist gross: Für unser Fulfillment, das stark auf den E-Commerce ausgerichtet ist, bedeutete der Lockdown sozusagen einen ‹Dauer-Black-Friday› über mehrere Wochen. Dank unserer flexiblen Organsisationsstruktur konnten wir diese Spitzen bisher gut abfangen.»

Über 14 Prozent der Containerschiffe sind ausser Betrieb gesetzt.

Thomas Schneider, Leiter International, Sieber Transport AG, sagt: «Zu Beginn der Corona-Krise waren primär die Transportwege zwischen China und Europa betroffen. Während Frachtflugzeuge noch flogen, blieben die Passagiermaschinen bereits am Boden. Dadurch reduzierten sich die Frachtkapazitäten deutlich, da ein wesentlicher Frachtanteil in Passagiermaschinen befördert wird. Um beispielsweise Güter wie Schutzmasken und Plastikschürzen nach Europa zu liefern, mussten die Importeure zum Teil deutliche Mehr-kosten in Kauf nehmen. Zeit ist Geld! Die Auswirkungen auf die Seefracht sind ganz andere. Aufgrund von Nachfrageeinbrüchen und unterbrochenen Handelsrouten sind heute über 14 Prozent der Containerschiffe weltweit ausser Betrieb gesetzt. Dies führt aktuell auch zu einer Knappheit an Containern in Europa.»

Nachgefragt

«Hygienestandards im Detailhandel werden an Bedeutung gewinnen»

Ivo Dietsche, Leiter der Coop-Verkaufsregion Ostschweiz-Ticino

Mit welchen Herausforderungen war Coop, speziell als Detailhändlerin, während des Lockdowns konfrontiert?
In der ersten Phase beschäftigte uns die verstärkte Nachfrage in einzelnen Sortimentsbereichen – wie zum Beispiel bei haltbaren Lebensmitteln, Toilettenpapier oder Frischprodukten: Kaum waren die Regale aufgefüllt, waren sie schon wieder leer. Auch für die Logistik war es eine grosse Herausforderung, diese Mengen zu bewältigen. Gleichzeitig waren quasi über Nacht über 10 000 Mitarbeitende ohne Arbeit, da die Nonfood- und Gastroformate schliessen mussten. Viele dieser Mitarbeitenden halfen im Lebensmittelbereich und in der Logistik aus. Die Solidarität war gewaltig, der Zusammenhalt unter Menschen, die sich vorher noch nie gesehen hatten, von der ersten Minute weg spürbar.

Was veränderte der Lockdown? Was wird davon bleiben?
Die Hygienestandards haben sich stark verändert: Am Eingang steht Desinfektionsmittel zur Verfügung und unseren Kundinnen und Kunden bieten wir Einweg-Handschuhe an. Vor der Kasse sind Abstandsmarkierungen und bei der Kasse werden die Mitarbeitenden mit Plexiglas geschützt. Wir haben zudem die tägliche Reinigung intensiviert, zu der auch die Self-Checkout-Kassen, Kassenterminals und Einkaufswagen und -körbe gehören. Ein Teil dieser Massnahmen wird wahrscheinlich bleiben. Negative Auswirkungen hatte die Situation zum Beispiel auf den Markt für Convenienceprodukte. Dank Homeoffice pendelten die Leute weniger und kochten oder backten zuhause vermehrt mit frischen Zutaten. Der Online-Handel hingegen erlebte einen Aufschwung.

Welche Learnings und Konsequenzen ziehen Sie aus dem Lockdown?
Wir lernten, was wirklich wichtig ist. Diese Frage der Relevanz und eine extrem klare Kommunikation waren in der Krise wichtig. Es geht auch ohne lange Powerpoint-Präsentationen, und ich kann mir gut vorstellen, dass wir in Zukunft einiges vereinfachen werden.
 

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