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Lenkungsabgaben ohne Lenkungseffekte?

Umstrittene Verteuerung von Treibstoffen Lenkungsabgaben ohne Lenkungseffekte?

Dr. Frank Bodmer Leiter IHK-Research

Mit Lenkungsabgaben soll der Ausstoss an CO2 vermindert werden. Während Lenkungsabgaben von der Wissenschaft als administrativ einfaches und effizientes Instrument befürwortet werden, sind sie politisch stark umstritten. Insbesondere eine Verteuerung von Treibstoffen stösst auf breiten politischen Widerstand. Hauptgrund dafür sind die Verteilungseffekte. Die unsicheren Lenkungseffekte spielen in der Diskussion aber ebenfalls eine Rolle.

Auf Brennstoffen wird in der Schweiz seit 2008 eine CO2-Abgabe erhoben. Aktuell wird über eine neue Abgabe auf fossilen Treib­stoffen diskutiert. Treibstoffe sind bisher von der CO2-Abgabe befreit. Das gilt sowohl für den motorisierten Individualverkehr als auch für den Flugverkehr. Nachdem entsprechende Elemente in der Vorlage des Bundesrates zur Revision des CO2-Gesetzes fehlen, dürfte sich daran auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Neben den Auswirkungen auf einzelne Verbrauchergruppen sind vor allem die zu erwartenden Lenkungseffekte umstritten.

Unklare Abgrenzung zu Steuern

Mit Lenkungsabgaben soll das Verhalten beeinflusst werden. Das macht den Unterschied zu reinen Steuern aus, welche der Finanzierung des allgemeinen Staatshaushaltes dienen. In der Praxis ist die Unterscheidung aber nicht eindeutig. Verändert sich das Verhalten nicht oder nur wenig, so besteht kein Lenkungseffekt. Man spricht in diesem Fall von einer tiefen Preiselastizität der Nachfrage. Diese ergibt sich vor allem bei Gütern, deren Konsum eine Notwendigkeit darstellt und für welche es wenig oder keine Substitute gibt. Fehlt der Lenkungseffekt, werden dafür umso höhere Einnahmen erzielt. Bei kleinem oder fehlendem Lenkungseffekt von Lenkungsabgaben zu sprechen, erscheint abwegig. Allerdings kann die Abgabe so weit erhöht werden, bis sich ein signifikanter Lenkungseffekt ergibt.

Die Tabaksteuer als Beispiel

Die Tabaksteuer wird als Steuer bezeichnet, soll daneben aber den Konsum von Tabak reduzieren. Tabakkonsum führt zu Gewöhnungseffekten und damit Abhängigkeit, was eine tiefe Preiselastizität und einen kleinen Lenkungseffekt erwarten lässt. Eine Abgabe im Bereich von 10% des Preises hätte damit wohl kaum einen Effekt auf die Nachfrage. Inzwischen verteuert die Tabaksteuer die ­Zigaretten aber um rund 150%, macht also rund 60% des Endpreises aus. Bei einer solch massiven Verteuerung dürfte es sogar beim Tabak zu signifikanten Verhaltensänderungen kommen. Effektiv hat sich der Tabakkonsum in den letzten Jahrzehnten deutlich reduziert. Wie gross die Rolle der Tabaksteuer bei dieser Reduktion war und welchen Einfluss die besseren Kenntnisse über die schädlichen Effekte des Rauchens hat, ist allerdings eine andere Frage.

Eine Abgabe auf Treibstoffen?

Auch ohne CO2-Abgabe auf Treibstoffen könnte es zu einer Verteuerung der Treibstoffe kommen. Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe müssen einen zunehmenden Anteil der entstehenden CO2-Emissionen aus dem Strassenverkehr kompensieren. Dazu müssen sie CO2-Zertifikate kaufen, wozu sie wiederum die Treibstoffpreise erhöhen müssen. Gerechnet wird mit einer Erhöhung der Benzinpreise um 4 bis 10 Rappen bis 2030. Von einer Lenkungsabgabe kann hier nicht gesprochen werden, da keine direkte Abgabe erhoben wird. Und ein signifikanter Lenkungseffekt ist bei einer solchen kleinen Preiserhöhung auch nicht zu erwarten. Allerdings werden die Einnahmen dazu verwendet, in anderen Bereichen Massnahmen zur CO2-Reduktion zu ­finanzieren. Trotz fehlendem Lenkungseffekt kommt es deshalb zur gewünschten Reduktion der CO2-Emissionen.

Lenkungseffekte im Flugverkehr

Beim Flugverkehr wird eine Ticketsteuer diskutiert, welche nicht den Treibstoff, sondern das Fliegen direkt verteuern würde. Insbesondere bei kürzeren Städtereisen könnte das zu einer spürbaren Verteuerung der Reise führen. Der gewünschte Lenkungseffekt dürfte hier erzielt werden können, ist ein Verzicht auf Kurzreisen ins Ausland doch relativ einfach. Dies legen auch internationale Studien nahe, welche bei Flugreisen eine erhebliche Preis­elastizität festgestellt haben. Dass Flugreisen auf die Preise reagieren, wird auch durch das starke Wachstum im Gefolge des Aufkommens von Billigfluglinien bestätigt. Eine Ticketsteuer dürfte damit die Zahl der Flüge reduzieren.

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