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Immer noch auf Feld eins bei der Altersvorsorge

Zögerliches Parlament Immer noch auf Feld eins bei der Altersvorsorge

Markus Bänziger, IHK-Direktor & Adrian Rossi, Projektmitarbeiter IHK

IHKfacts 1/2021 | Der Handlungsbedarf bei der Altersvorsorge ist anhaltend gross. Während die eidgenössischen Räte das Thema nur zögerlich auf­greifen, ist die Renteninitiative ein Schritt in die richtige Richtung.

Vergangenen Herbst widmete die IHK die Ausgabe von IHK-facts-Nr. 3/2020 dem Schwerpunktthema Altersvorsorge. Gerade bei der ersten und zweiten Säule der Altersvorsorge ist der Handlungsbedarf gross. Der Zeitpunkt war damals nicht zufällig gewählt, denn auf die Herbstsession 2020 waren die parlamentarischen Beratungen zur Reform der AHV (AHV 21) angesetzt gewesen. Was ist seither passiert?

Verkehrte Vorzeichen in Bundesbern

Die Antwort hält sich kurz: wenig. Die Beratungen zur AHV-Reform wurden zuerst auf den Winter, dann auf diesen Frühling verschoben. Damit verzögern sich die notwendigen Reformschritte um ein weiteres Jahr. Bereits im Frühjahr 2020 hätte die AHV-Reform im Parlament bearbeitet werden sollen, doch die Pandemie hatte den politischen Fahrplan auf den Kopf gestellt. Diese Verzögerung ist aus mindestens zwei Gründen fatal: Erstens schreibt die AHV seit Jahren ein negatives Umlageergebnis. 2019 betrug das Defizit im Umlageverfahren knapp 1,2 Milliarden, Tendenz steigend. Jedes Verzögern von Reformen ist also an sich schon teuer. Zweitens ist die nun vorliegende AHV-Reform keine Verbesserung. Während sie mit zusätzlichen Steuergeldern den Handlungsbedarf hinauszögert, kosten die Flexibilisierungsmassnahmen beim Rentenalter voraussichtlich netto mehr, als sie das Vorsorgewerk entlasten. Die nächste Reform müsste aufgegleist werden, noch bevor diese abgeschlossen ist, wenn es in diesem Tempo weitergeht. Doch damit nicht genug: Inzwischen sollen Ehepaare in Zukunft zudem pauschal bis zu 120 Franken pro Monat mehr Rente erhalten, wenn es nach der Sozialkommission im Ständerat gehen soll: zusätzliche 650 Mio. CHF pro Jahr an nicht finanzierten Kosten.

Zukünftige Generationen besonders betroffen

Mit diesem Verhalten werden primär die nachfolgenden Generationen belastet, welche dereinst die Defizite der aktuellen Politik in der Altersvorsorge tragen müssen. Diese dürften nur noch steigen: In den prognostizierten Defiziten der AHV war noch keine Rezession infolge einer Pandemie eingeplant, sondern ein bewusst optimistisch gesetztes Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung, welches sogar von den offiziellen Zahlen des SECO abwich. Und auch wenn im Kurzarbeitsregime weiterhin Lohnbeiträge an die AHV fliessen, so belastet die Pandemie den Bundeshaushalt und das Vorsorgesystem der Schweiz an anderer Stelle. Insgesamt trifft die Pandemie damit die heute junge und die nachkommenden Generationen überproportional, müssen diese doch zudem die coronabedingt ansteigende Verschuldung von Bund und Kantonen abbauen. Es ist also eine Frage der Generationengerechtigkeit, würde man wenigstens griffige Reformen bei der Altersvorsorge angehen, anstatt die Reformen weiterhin zu verzögern und zu verwässern.

Renteninitiative als Ausweg?

Unter diesen Vorzeichen stimmen die Versuche des Parlaments wenig optimistisch. Für die IHK ist klar: Eine echte Reform der AHV setzt beim Rentenalter an. Eine Erhöhung des Rentenalters bietet erwiesenermassen eine der effektivsten Massnahmen zur Verbesserung des Umlageergebnisses der AHV, im Kern aber hebt die Bevölkerungsentwicklung dies wieder auf: Wir leben länger und besser. Damit politische Stillstände in diesem Belang in Zukunft vermieden werden können, sollte das Rentenalter zudem an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Dies fordert insgesamt die Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Sie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Initiative befindet sich im Sammelstadium, ihr Zustandekommen ist aus ­einem weiteren Grund von Vorteil: Eine Volksabstimmung hat zur Folge, dass sich die nationale Politik ernsthaft mit einer griffigen Reform der Altersvorsorge auseinandersetzen muss.


Weitere Informationen zur Renteninitiative finden Sie unter www.renten-sichern.ch 

 

 

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