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Gütertransport unter die Erde?

Cargo Sous Terrain Gütertransport unter die Erde?

Dr. Frank Bodmer Leiter IHK-Research

Das Nationalstrassensystem ist überlastet, und die Verschiebung des Gütertransports von der Strasse auf die Schiene kommt nicht richtig voran. Als Ergänzung zum aktuellen System wird deshalb an einem unterirdischen Transportsystem gearbeitet, welches die Kapazitäten deutlich erhöhen würde, ohne zusätzlichen Boden zubeanspruchen. Sollte die Umsetzung von Cargo Sous Terrain (CST) gelingen, wäre die Schweiz auf diesem Gebiet eine Pionierin.

Zwischen Härkingen und Zürich soll mit Cargo Sous Terrain (CST) bis 2030 das erste unterirdische Gütertransportsystem der Welt entstehen, welches über grosse Distanzen funktioniert. In einer zweigleisigen Röhre sollen autonome Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Stunde verkehren. An einzelnen Verteilzentren werden die Güter auf oberirdische Fahrzeuge umgeladen, welche gemäss den Plänen ebenfalls autonom verkehren sollen, sobald die entsprechende Technologie voll ausgereift ist. In späteren Phasen soll das System bis Genf respektive bis St. Gallen erweitert werden.

Entlastet Strasse und Schiene

Ein unterirdisches System vermeidet eine weitere Beanspruchung der knappen Ressource Boden, gerade im dicht besiedelten Schweizer Mittelland ein grosser Vorteil. Im Tunnel ist auch die Steuerung der Fahrzeuge einfacher, da Kreuzungen, Zufahrten etc. wegfallen. Da es sich um einen Tunnel handelt, sind dagegen die Baukosten pro Kilometer ähnlich hoch wie bei einer Nationalstrasse. Für den ersten Ausbauschritt von Härkingen bis Zürich, mit den Hubs Suhr und Spreitenbach, wird mit Kosten von rund 3,4 Milliarden Franken gerechnet. Das sind rund 60 Millionen Franken pro Kilometer Tunnel.

CST soll privat finanziert und betrieben werden. Die Infrastruktur gehört einer Träger­gesellschaft, welche sie einer Betreibergesellschaft gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Die Vorstudien gehen davon aus, dass ausreichend hohe Einnahmen erzielt werden können, um eine private Finanzierung zu gewährleisten. Um eine private Lösung zu ermög­lichen, konzentriert sich das Projekt als Erstes auch auf die Linie mit dem höchsten Güteraufkommen.

Staatliche Bewilligungen

Ganz ohne den Staat geht es aber nicht. Für die Erstellung der Tunnels braucht es die Einwilligung von Gemeinden und Kantonen, für die Konzessionierung als Transportunternehmen ist der Bund zuständig. Dabei bestehen noch erhebliche Unsicherheiten. Insbesondere ist nicht klar, wem der Untergrund gehört. Die Rolle der Landeigentümer ist damit noch offen. Soll im Tagebau gebaut werden, ist deren Zustimmung aber auf jeden Fall ­nötig, was zu zeitlichen Verzögerungen führen würde.


Milo Stössel, CEO MS Direct AG und IHK-Vizepräsident, im Kurz­interview

MS Direct AG ist bei der Trägerschaft von CST dabei. Das Konzept klingt utopisch. Warum glauben Sie daran?

Milo Stössel: CST setzt eine innovative, in die Zukunft gedachte Idee in überschaubaren, realistischen Schritten um: von der Machbarkeitsstudie über die Gewinnung eines breiten Aktionariats, bis hin zur Finanzierung der Baubewilligungsphase mit 100 Millionen Franken. Alles fusst auf realistischen technischen Plänen und einem Businessplan, welcher die kritische Prüfung der Investoren bestanden hat. Dies ist, verbunden mit der bestechenden Grundidee, der Garant für das Gelingen! Die MS Direct ist stolz, Teil dieser innovativen Gruppe zu sein.

 

CST geht mittelfristig von einer Verteilung der Güter in autonomen Fahrzeugen aus. Bis wann rechnen Sie mit einer solchen fahrerlosen Distribution?

Im CST-Tunnel fahren die Fahrzeuge von Anfang an autonom. Wann dies oberirdisch kommen wird, muss die Zukunft zeigen. Neben technischen sind vor allem Fragen der Akzeptanz zu klären. Sicher ist, dass CST in der Citylogistik die neusten technischen Möglichkeiten zur Feinverteilung nutzen wird, welche im Zeitpunkt der In­betriebnahme zur Verfügung stehen.

 

Wann erreicht CST die Ostschweiz?

CST hat das erklärte Ziel, bis Mitte des Jahrhunderts ein gesamtschweizerisches Netz zu realisieren. Dazu gehört selbstverständlich auch eine Verbindung in die Ostschweiz bis nach St. Gallen.

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