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Für eine fortschrittliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf

IHK-Parolen zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 27. September 2020 Für eine fortschrittliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf

18. August 2020 | Die IHK St.Gallen-Appenzell lehnt den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ab, da dieser traditionelle Rollenbilder zementiert. Zielführender ist eine 16-wöchige Elternzeit. Die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten empfiehlt die IHK zur Annahme.

Zwei der insgesamt fünf Vorlagen, die am 27. September zur Abstimmung kommen, betreffen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Der Vaterschaftsurlaub und die steuerliche Berücksichtigung von Kinderdrittbetreuungskosten. «Für die IHK St.Gallen-Appenzell, die sich letztes Jahr unter anderem beim Konjunkturforum Zukunft Ostschweiz intensiv mit der Vereinbarkeit auseinandersetzte, ist die Relevanz der Thematik unbestritten», so IHK-Direktor Markus Bänziger. Doch während eine erhöhte Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten einen wichtigen Beitrag hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf leistet, ist dies beim Vaterschaftsurlaub aus Sicht der IHK nicht der Fall.

Veraltete Rollenbilder werden zementiert

Die geschlechterspezifische Ausgestaltung des geburtsbezogenen Urlaubs kann bereits heute zur statistischen Diskriminierung von Frauen führen und damit deren Arbeitsmarktaussichten generell verschlechtern. Dies trifft umso mehr zu, als nach der gesetzlich vorgeschriebenen – und unbestrittenen – Schutzphase von acht Wochen der Anspruch auf Mutterschaftstaggelder entfällt, wenn eine frischgebackene Mutter ihre Arbeit wieder aufnimmt; und zwar unabhängig vom Pensum. Solche starren Regelungen stehen im Widerspruch zum Bedürfnis einer individuell gestaltbaren Organisation der Familienarbeit.

Anstatt sich dieser Probleme anzunehmen, zementiert der nun diskutierte Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen veraltete Rollenbilder, wonach die Frau für einen Grossteil der Kinderbetreuung verantwortlich sein soll. «Weder zum erleichterten Wiedereinstieg von Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch zur Ermöglichung von individuellen Lösungen trägt der vorgeschlagene Vaterschaftsurlaub in irgendeiner Form bei», begründet Markus Bänziger die Nein-Parole der IHK. «Für eine wenig zielgerichtete Vorlage die Lohnbeiträge zu erhöhen, ist im aktuell wirtschaftlich bereits schwierigen Umfeld unangemessen», so Bänziger weiter.

Für eine flexible, zeitgemässe Elternzeit

Anstatt die Nachteile des aktuell geltenden Mutterschaftsurlaubs noch zu verstärken, müssten entsprechende Reformen diese entschärfen. Gefragt sind daher pragmatische Lösungen, welche Selbstbestimmung und Chancengleichheit ermöglichen, den beruflichen Wiedereinstieg von Müttern erleichtern und gleichzeitig weder Unternehmen noch die Allgemeinheit finanziell allzu stark belasten.

Zielführender als die zur Debatte stehende Vorlage wäre daher eine frei einteilbare Elternzeit im Umfang von insgesamt 16 Wochen. Der zwingende Mutterschaftsschutz von acht Wochen bliebe unangetastet, der Rest könnte von den Eltern frei eingeteilt werden. Ein solches Modell wäre geschlechterneutral und liesse Arbeitnehmenden und Unternehmen mehr Spielraum für individuell zutreffende Lösungen.

Ja zu Berücksichtigung der Kinderbetreuung

Die IHK befürwortet die Gesetzesrevision zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten. Die Revision zielt darauf ab, die steuerlichen Abzüge für die Drittbetreuung von Kindern sowie den allgemeine Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer zu erhöhen. Dadurch werden steuerliche Negativanreize für erwerbstätige Eltern bereinigt: Es lohnt sich finanziell mehr, wenn beide Elternteile arbeiten. Damit leisten die vorgesehenen Massnahmen einen wichtigen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und somit zur Entschärfung des Fachkräftemangels.

 

Hinweis: Bereits am 10. August 2020 hat die IHK St.Gallen-Appenzell die Nein-Parole zur Kündigungsinitiative kommuniziert. 

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