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Der Bund unterstützt bei Liquiditätsengpässen

Covid-19-Kredite als Überbrückungshilfe Der Bund unterstützt bei Liquiditätsengpässen

Jérôme Müggler, Direktor IHK Thurgau 

Neben dem Instrument der Kurzarbeitsentschädigung sind die Covid-19-Kredite ein zweites zentrales Element, um die Unternehmen in der Schweiz während der Corona-Krise unbürokratisch zu unterstützen. Diese erhalten via ihre Hausbank raschen Zugang zu Krediten für die Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Die Massnahme des Bundesrats wurde in der Wirtschaft positiv aufgenommen und hat auch in der internationalen Finanzpresse für Aufsehen gesorgt – vereinzelt wohl mit etwas Neid. Zusammen mit den Kantonalbanken aus dem Thurgau, aus St.Gallen und Appenzell haben wir über die Vergabe und den Umgang mit den Krediten gesprochen.

Zwischen der Erstinformation von Bundesrat Ueli Maurer in der Öffentlichkeit und der Bekanntgabe des Prozesses zur Kreditvergabe am 25. März 2020 waren nur wenige Tage vergangen. Remo Lobsiger, Leiter Bereich Geschäftskunden und Mitglied der Geschäftsleitung der Thurgauer Kantonalbank (TKB), erinnert sich an jenen Moment: «Damit konnte der Bundesrat gegenüber der Wirtschaft vertrauensbildende und positive Signale aussenden – das war angesichts der Mitte März europaweit angespannten Situation sehr wichtig. Ein Erfolgsfaktor war auch, dass die Finanzbranche, die Aufsichtsbehörden und das Bürgschaftswesen von Anfang an involviert waren und die Kreditvergabe über bestehende und etablierte Strukturen getätigt werden konnte.» Ueli Manser, Direktor der Appenzeller Kantonalbank (APPKB), betont zudem, dass der Lockdown, der bei vielen Branchen von einem auf den anderen Tag Nullumsatz bedeutete, während die Fixkosten aber weiterliefen, bei vielen Firmeninhabern zu schlaflosen Nächten geführt habe. René Walser, Leiter Privat- und Geschäftskunden und Mitglied der Geschäftsleitung der St.Galler Kantonalbank (SGKB), stellt fest, «dass das Programm sofort dort gewirkt hat, wo es am nötigsten war, nämlich bei den kleinen Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben, die ganz direkt vom Lockdown betroffen waren.»
 

Banken tragen gesellschaftliche Verantwortung

Alle drei Kantonalbanken bestätigen, dass das Gros der Kreditanfragen in den ersten beiden Wochen nach dem 26. März eingereicht wurde. Unterschiedlich waren dabei die Ansätze, wie die Gesuche verarbeitet wurden. Die SGKB hat sich für ein dezentrales Modell entschieden, wie René Walser erklärt: «Da unsere Kundeberaterinnen und -berater ihre Firmenkunden bestens kennen und sowieso schon in regem Kontakt mit ihnen stehen, haben wir die Kreditvergabe dezentral – also über sie – organisiert.» Auch bei der APPKB reichen Unternehmen den Antrag direkt bei ihrem Kreditberater zur Prüfung ein. Einen anderen Weg hat die TKB gewählt. «Wir hatten uns entschieden, die Covid-19-Kredite in unserer Bank zentral abzuwickeln, um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten. So hatten die Kundenberaterinnen und -berater Zeit für die individuellen Anliegen ihrer Kunden und das Tagesgeschäft», so Remo Lobsiger. Der zusätzlich entstandene Aufwand wird von den Banken selbst getragen. Die drei Bankenvertreter sind sich einig, dass dies auch Teil ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verantwortung in den jeweiligen Marktregionen sei.
 

Missbrauch wird verfolgt und ist strafbar

Verschiedene Medien berichteten in den vergangenen Wochen über Missbrauchsfälleim Rahmen der Covid 19-Kredite. Bundesrat Ueli Maurer hatte bereits im März entgegnet, dass er an das Verantwortungsgefühl der Unternehmer und Unternehmerinnen glaube, die oft mit eigenem Geld und Herzblut engagiert seien. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) betont zudem, dass die Angaben der Selbstdeklarationen durch die EFK mit verfügbaren Informationen abgeglichen würden. Das betrifft die Konkurse oder doppelte Anträge, aber auch den Vergleich mit den bei der Mehrwertsteuer-Abrechnung angegebenen Umsätzen. Und das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC beauftragt, alle Anträge durchzusehen. Ueli Manser ergänzt zum Thema: «Wenn der Kunde im Kreditantrag Falschangaben macht, macht er Urkundenfälschung, die gemäss Strafgesetzbuch mit einer Busse bis CHF 100 000 und/oder einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Daher ist der Gesuchsteller selber in der Verantwortung.» Abgelehnt wurden Anträge bei den Kantonalbanken, wenn Unternehmen die Voraussetzungen dafür nicht erfüllten. Dazu gehört unter anderem die Anforderung, dass nicht bereits ein Konkurs- oder Nachlassverfahren am Laufen oder ein Unternehmen in Liquidation ist.
 

Ostschweiz ist solide aufgestellt

Spezialkredite zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen sind temporär eine willkommene Hilfestellung. Sie bergen aber auch das Risiko, dass Unternehmen nun einen ungesunden Verschuldungsgrad aufweisen. Darauf angesprochen sagen die Vertreter der drei Kantonalbanken, dass es nun wichtig sei, dass die Unternehmen rasch wieder gute Umsätze erzielen und somit die Schulden reduzieren können. Man kann hinzufügen, dass die Ostschweizer Wirtschaft im grossen Ganzen solid aufgestellt ist und die durchschnittliche Kreditsumme bei den drei Banken «nur» etwas über CHF 100 000 liegt. René Walser von der SGKB sagt, dass Kunden die 5-Jahresfrist zur Amortisation wohl grösstenteils einhalten können: «Für die grosse Mehrheit erachten wir dies als sehr realistisch. Einigen wird auch eine raschere Rückzahlung möglich sein. Anderen wird es durchaus schwerfallen.» Remo Lobsiger von der TKB fügt hinzu: «Es gab auch Kunden, die im Sinne einer Vorsichtsmassnahme einen Kredit beantragt haben, den sie aufgrund positiver Entwicklung bald zurückzahlen können.»
 

Süsses Gift für die Wirtschaft

Die Covid-19-Kredite sind eine aussergewöhnliche Massnahme in einer aussergewöhnlichen Situation. Treffend ist die Aussage von Bundesrat Maurer, dass der Staat keine Vollkaskoversicherung sei. Die Kredite sind denn auch süsses Gift, um die negativen Symptome des Lockdowns zu mildern. Dieses gilt es – wenn immer möglich – rasch wieder abzusetzen, damit kommende Generationen keine «Erblast» übernehmen müssen. Vielmehr müssen Politik und Bevölkerung dafür sorgen, dass die Schweiz ein wirtschaftsfreundlicher Standort bleibt und auf Innovation setzt. Dabei gilt es, der stets drohenden Regulierungswut und isolationistischen Tendenzen klare Absagen zu erteilen. Letztlich muss das Ziel sein, dass die Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgehen und ihr Überleben zukünftig über wenige Monate selber sicherstellen können.

Wie viele Covid-19-Kredite haben die Banken vergeben?

SGKB:   

  • Covid-19-Kredite bis CHF 500 000: 1612
  • Covid-19-Plus-Kredite über CHF 500 000: 10

APPKB: 

  • Covid-19-Kredite bis CHF 500 000: 152
  • Covid-19-Plus-Kredite über CHF 500 000: 1

TKB:

  • Covid-19-Kredite bis CHF 500 000: 1450
  • Covid-19-Plus-Kredite über CHF 500 000: 5

Wie hoch ist die Gesamtsumme der Kredite, die Ihre Bank vergeben hat?

SGKB: CHF 206 Mio.
APPKB: CHF 22,5 Mio.
TKB: rund CHF 165 Mio.

Wie hoch sind die vergebenen Kredite durchschnittlich?

SGKB: CHF 127 000
APPKB: rund CHF 140 000
TKB: rund CHF 100 000

Was ist die Spannweite der Kredite (minimal/maximal)?

SGKB: CHF 1450 bis 20 Mio.
APPKB: CHF 3000 bis 0,8 Mio.
TKB: CHF 700 bis rund 6 Mio.

*Stand aller Zahlen vom 20. Mai 2020.

 


  René Walser, St.Galler Kantonalbank
 

  Ueli Manser, Appenzeller Kantonalbank 
 

  Remo Lobsiger, Thurgauer Kantonalbank 

 

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