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99%-Initiative: Klassenkampf-Rhetorik auf dem Buckel des Unternehmertums

IHK-Abstimmungsparolen 26. September 2021 99%-Initiative: Klassenkampf-Rhetorik auf dem Buckel des Unternehmertums

23. August 2021 | Die IHK St.Gallen-Appenzell lehnt die 99%-Initiative der Juso entschieden ab. Die Massnahmen hätten für einen breiten Bevölkerungs- und Unternehmenskreis eine erhöhte Steuerbelastung zur Folge. Der Handlungsbedarf wird von den Initianten zudem stark verzerrt dargestellt. Das kantonale Gesetz über die wirtschaftliche Unterstützung von Unternehmen in Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie empfiehlt die IHK hingegen zur Annahme.

Die von den Jungsozialisten lancierte Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99%-Initiative) möchte Kapitaleinkommensteile über einem bislang undefinierten Schwellenwert im Umfang von 150 Prozent besteuern. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) St.Gallen-Appenzell lehnt die Vorlage, die am 26. September 2021 zur Abstimmung gelangt, entschieden ab. Weder ist bei der Vermögensverteilung noch beim bestehenden Steuersystem der Handlungsbedarf gegeben noch wären die geplanten Massnahmen zielführend.

Kein Handlungsbedarf bei Vermögensverteilung und Steuersystem

Die 99%-Initiative bedient sich aus der Zeit gefallener Klassenkampf-Argumente. Diese stützt sie auf Aussagen zur Einkommens- und Vermögensverteilung, die zu kurz greifen. So werden zwecks reisserischer Aussagen zur Vermögensverteilung geflissentlich die Pensionskassenvermögen der Bevölkerung ausgeklammert. Fakt ist hingegen, dass die Vermögen der Schweizer Bevölkerung seit Jahren bei stabiler Verteilung wachsen und auch die Verteilung von Arbeit und Kapital am gesamtwirtschaftlichen Einkommen stabil ist. Auch beim Steuersystem ist der Handlungsbedarf nicht gegeben. Die Schweiz kennt ein System mit einer ausgewogenen Kapitalbesteuerung. Diese umfasst eine mittlere bis hohe Dividendensteuer, eine – im internationalen Vergleich unübliche – Vermögenssteuer und eine progressive Einkommenssteuer, die auch Kapitalerträge erfasst. Die einkommensstärksten und vermögendsten natürlichen Personen leisten deshalb bereits heute einen stark überproportionalen Beitrag an die Steuereinnahmen.

Massnahmen nicht zielführend

Die IHK St.Gallen-Appenzell lehnt deshalb die zusätzliche Besteuerung der Kapitaleinkommen ab. Sie hätte eine breite Betroffenheit der Mittelschicht zur Folge: Start-ups, Kleinanleger, Eigenheimbesitzer, Landwirte, KMU – sie alle wären potenziell von einer erhöhten Steuerbelastung betroffen. «Die finanzielle Mehrbelastung der KMU wäre gerade hinsichtlich der Bewältigung der Corona-Krise kontraproduktiv und stünde im Widerspruch zu den Milliarden an staatlichen Hilfszahlungen», so IHK-Direktor Markus Bänziger. Auch würde die Initiative Nachfolgelösungen für KMU erschweren und mittelständische Firmenstrukturen gefährden. Als grosser Unsicherheitsfaktor für die Wirtschaft ist die schwammige Formulierung des Initiativtextes, der auf eine Definition des relevanten Schwellenwertes verzichtet, zu verstehen. «Arbeit und Leistung müssen sich weiterhin lohnen, nur so sind das Bildungssystem, die Infrastruktur oder die Sozialversicherungswerke nachhaltig zu finanzieren», so Bänziger.

Kantonale Finanzhilfen für Unternehmen zulassen und zurückfahren

Im Kanton St.Gallen befindet die Stimmbevölkerung ebenfalls am 26. September über das «Gesetz über die wirtschaftliche Unterstützung von Unternehmen in Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie». Die IHK St.Gallen-Appenzell unterstützt die Vorlage. Der Kanton St.Gallen muss die notwendige Rechtsgrundlage für die Auszahlung von Härtefallmassnahmen bis zu einem Gesamtbetrag von maximal 95 Mio. Franken schaffen. Die Vorlage ist für verschiedene Unternehmen relevant, da nur so ist sichergestellt ist, dass der Bund sich an der Finanzierung der Härtefallmassnahmen beteiligt. Für IHK-Direktor Markus Bänziger ist aber auch klar: «Die finanziellen Stützungsmassnahmen von Bund und Kantonen müssen so rasch wie möglich, sukzessive und vollständig zurückgefahren werden.»

 

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