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Vertrauen im Generationendialog

EcoOst St.Gallen Symposium mit Publikum Vertrauen im Generationendialog

Bundesgerichtspräsidentin Martha Niquille im Gespräch mit Moderatorin Odilia Hiller (Foto: Hannes Thalmann)
18. Mai 2021 | «Vertrauen in Zeiten der Unsicherheit» lautete das Thema des diesjährigen EcoOst St.Gallen Symposiums. Dazu eingeladen hatten die beiden IHK St.Gallen-Appenzell und Thurgau gemeinsam mit dem St.Gallen Symposium. Zu Gast waren unter anderem Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Bundesgerichtspräsidentin Martha Niquille. Doch im Mittelpunkt stand der generationenübergreifende Dialog.

Fotos: Hannes Thalmann

Markus Bänziger (Foto: Hannes Thalmann)«Vertrauen bedingt Vertrauenswürdigkeit.» Mit diesem Zitat eröffnete Markus Bänziger, Direktor der Industrie- und Handelskammer (IHK) St.Gallen-Appenzell, am Montagabend das EcoOst St.Gallen Symposium. «Nur wer verantwortungsvoll, ehrlich, aufrichtig, redlich, verlässlich – also vertrauenswürdig – handelt, kann nachhaltig Vertrauen aufbauen und stärken.»

Es war dies der Start in einen Abend, der sich beinahe surreal anfühlte. Denn erstmals seit langem war wieder Publikum zugelassen. «Wir sind fast etwas euphorisch», stellte die Moderatorin und stellvertretende Chefredaktorin des St.Galler Tagblatts Odilia Hiller passenderweise fest. Unter allen Anmeldungen wurden 50 Personen verlost, weitere rund 150 Interessierte verfolgten die Veranstaltung im Livestream. Eine Veranstaltung, die sich ganz dem Vertrauen im Zeichen des Generationendialogs verschrieb.

Vertrauen und Misstrauen: wie ein altes Ehepaar

Dieser generationenübergreifende Ansatz war es denn auch, den Bundesrätin Simonetta Sommaruga in ihrer Ansprache besonders hervorhob. Er sei entscheidend, um langfristige Herausforderungen wie den Klimawandel oder langjährige Projekte in der Infrastrukturpolitik zu meistern. Live aus dem Bundeshaus zugeschaltet, betonte die Bundesrätin, dass Vertrauen dabei stets mit Verantwortung einhergehe. Und wo Verantwortung liegt, würden auch Fehler passieren, was wiederum zu Misstrauen führe.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga (Foto: Hannes Thalmann)Das Vertrauen müsse man sich deshalb gerade in der Politik immer wieder von Neuem erarbeiten. «Vertrauen und Misstrauen sind in der Politik wie ein altes Ehepaar: Die gehören einfach zusammen», so die Bundesrätin. Unser politisches System sei auf einer gesunden Skepsis aufgebaut. Jede und jeder könne Ideen einbringen, mitgestalten und Kritik äussern. Dadurch resultierten letztlich besser Entscheide und somit Vertrauen.

Trust matters: Das 50. St.Gallen Symposium im Rückblick

Dr. Alexander Fust (Foto: Hannes Thalmann)Das Veranstaltungsthema leitete sich aus dem Schwerpunktthema «Trust matters» des 50. St.Gallen Symposiums ab. Die Jubiläumsveranstaltung fand Anfang Mai statt. Mehr als 2000 Personen aus über 80 Ländern nahmen digital daran teil. Einer davon war Dr. Alexander Fust, Leiter Transfer und Fördergefässe am KMU-Institut der Universität St.Gallen. In seinem Rückblick identifizierte er neun zentrale Herausforderungen für das gesellschaftliche Vertrauen, darunter Fake News, die Digitalisierung oder ebenfalls den Klimawandel. Bundesrätin Simonetta Sommaruga stimmte er stellvertretend für die Symposiums-Teilnehmerinnen und -teilnehmer zu: «Um Herausforderungen zu meistern, braucht es den Generationendialog.» Dieser fördere das gegenseitige Verständnis, was wiederum Vertrauen bilde. Vertrauen, das sich an Firmen, Politik, Wissenschaft, Medien oder Technologie richte.

Ungebrochenes Vertrauen in die Justiz

Bundesgerichtspräsidentin Martha Niquille (Foto: Hannes Thalmann) Weitgehend unerwähnt blieb hingegen das Vertrauen in die Justiz. Dieses sei wohl ungebrochen, folgerte die St.Galler Bundesgerichtspräsidentin Martha Niquille im Rahmen der Podiumsdiskussion. Das komme nicht von ungefähr: «Wir hatten während der Pandemie keine Verwerfungen, haben aber auch nicht im Fokus gestanden.» Letzteres könnte sich bald ändern: Die vergangenen Monate hätten neue Rechtsfragen aufgeworfen, die nun die kantonalen Gerichte und später das Bundesgericht beschäftigen dürften.

Besonders im Fokus der Öffentlichkeit stand vor gut einem Jahr hingegen der Detailhandel, als sich ein Grossteil der Bevölkerung vor leeren Lebensmittelregalen sorgte. Podiumsgast Ivo Dietsche, Leiter Coop Region Ostschweiz-Ticino, gab zu, dass man von Tempo und Dynamik der Pandemie überrascht worden sei. «Wir konnten aber rasch Vertrauen schaffen und zeigen, dass wir die Versorgung sicherstellen können.» Es sei eindrücklich, was die Mitarbeitenden geleistet hätten. «Ohne Vertrauen in den Arbeitgeber wäre dies nicht möglich gewesen.»

Vertrauen statt Kontrolle?

Auf dem Podium diskutierten auch Dr. Isabel Ebert vom Institut für Wirtschaftsethik der Universität St.Gallen und Tim Habermann, OK-Mitglied des St.Gallen Symposiums. Der HSG-Student forderte, die junge Generation müsse stärker in Entscheidungen einbezogen werden. Allerdings müsse sie das Vertrauen auch nutzen und von der Mitsprache Gebrauch machen.

Tim Habermann (Foto: Hannes Thalmann)Isabel Ebert forscht dazu, wie die Pandemie die Arbeit verändert. Der Digitalisierungsprozess habe einen riesigen Schub erhalten und das Miteinander am Arbeitsplatz verändere sich. Während einige Unternehmen den Prozess gut begleiten, herrsche in anderen unterschwelliges Misstrauen nach dem Mantra «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.» Studien zeigten aber, dass die Leistungsfähigkeit sinke, wenn sich Mitarbeitende beobachtet fühlten. Zudem sei es schwierig, belastbare Daten zur Produktivität zu erheben. Es zähle zum Bildungsauftrag der HSG, künftigen Führungskräften aufzuzeigen, wie sie die Digitalisierung verantwortungsvoll gestalten. Einig waren sich die Podiumsgäste, dass die Arbeitswelt auch nach der Pandemie hybrider sein werde. Tim Habermann begrüsste aus Sicht des Studenten mehr Flexibilität, möchte den persönlichen Austausch auf dem Campus aber nicht missen.

Generationentandems diskutieren Vertrauensthesen

Stiller Höhepunkt der Veranstaltung bildeten drei Generationentandems, bestehend aus Ostschweizer Unternehmerpersönlichkeiten und Studierenden der Universität St.Gallen. Am gestrigen Abend präsentierten sie je eine aus dem St.Gallen Symposium abgeleitete These zum Thema Vertrauen.

Peter Breitenmoser und Linda Blöchlinger (Foto: Hannes Thalmann)Peter Breitenmoser, Geschäftsleiter der Schmolz + Birkenbach Stahlcenter AG, und Linda Blöchlinger zeigten sich überzeugt: «Vertrauen ist unverzichtbar, nicht nur in der Pandemie.» Denn man müsse laufend in das Vertrauen investieren, um in Krisen darauf bauen zu können.

Caroline Studer und Joel Mäder (Foto: Hannes Thalmann)Caroline Studer, Geschäftsführerin M. Opitz & Co. AG, und Joel Mäder erörterten ihre These «Vorbildliches Handeln schafft Vertrauen», ein Appell an Führungskräfte. Deren Verhalten und Entscheidungen werde von Mitarbeitenden als stellvertretend für die gesamte Organisation betrachtet. Sie gaben praktische Tipps, wie Führungskräfte Vertrauen schaffen, etwa indem sie nicht immer als letzte zu Meetings erscheinen.

«Stabilität braucht Agilität»: Ivo Dietsche und Dominik Lanter gewinnen Thesen-Wettbewerb

Ivo Dietsche und Dominik Lanter schliesslich präsentierten ihre These «Agilität braucht Stabilität.» Um in unsicheren Zeiten die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssten Firmen sowohl agil als auch stabil auftreten. Sie zeigten auf, dass sich diese Spannungspole gegenseitig bedingen. Dominik Lanter endete mit einem treffend gewählten Goethe-Zitat: «Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.»

Dominik Lanter und Ivo Dietsche  (Foto: Hannes Thalmann)Mit ihrer Kurzpräsentation gewannen Ivo Dietsche und Dominik Lanter den Thesenwettbewerb. Sie überzeugten die Publikumsjury inhaltlich und mit einer lebhaften Präsentation. Als Preis überreichte Beat Ulrich, CEO des St.Gallen Symposiums, eine Einladung zum St.Gallen Symposium 2022.

Zum Videorückblick

 

Über das EcoOst St.Gallen Symposium
Das jeweils im Mai stattfindende EcoOst St.Gallen Symposium ist ein gemeinsames Veranstaltungsformat der IHK St.Gallen-Appenzell, dem St.Gallen Symposium und der IHK Thurgau. Mit dem EcoOst St.Gallen Symposium sollen die Erkenntnisse und der einmaligen Generationendialog des St.Gallen Symposiums auf die Ostschweiz übertragen werden. Zeitlich nachgelagert, baut die Veranstaltung auf den Inhalten des St.Gallen Symposiums auf und thematisiert diese in einem regionalen Kontext.

Das EcoOst St.Gallen Symposium 2022 findet am 18. Mai ab 14.00 Uhr in der Lokremise in St.Gallen statt.

 


Das EcoOst St.Gallen Symposium wurde ermöglicht durch:

Veranstalter:

IHK St.Gallen-Appenzell
 

 
IHK Thurgau
 

 

Veranstaltungspartner:

Universität St.Gallen
 

 

 

Medienpartner:
Tagblatt
 
Sponsor:

 
 

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