Sie sind hier

Generationendialog auf die regionale Wirtschaft übertragen

Neue Veranstaltung «EcoOst St. Gallen Symposium»: Interview mit den Verantwortlichen Generationendialog auf die regionale Wirtschaft übertragen

Am 27. Mai findet im Weiterbildungszentrum Holzweid erstmals das «EcoOst St. Gallen Symposium» statt. Ziel der Veranstaltung ist es, die ­Erkenntnisse des St. Gallen Symposiums für die regionale Wirtschaft aufzubereiten. Die Verantwortlichen Beat Ulrich, CEO St. Gallen Symposium, Prof. Dr. Ulrich Schmid, Prorektor der Universität St. Gallen, und IHK-Direktor Markus Bänziger stellen im Interview das neueVeranstaltungsformat vor.

Das EcoOst-Symposium, das die IHK seit mehreren Jahren erfolgreich ­zusammen mit der IHK Thurgau, der Universität St. Gallen und dem ­Tagblatt organisiert hat, wird durch eine neue Veranstaltung ersetzt und auf Ende Mai verschoben. Weshalb?

Markus Bänziger: Das EcoOst-Symposium ist seit fünf Jahren eine etablierte Weiterbildungsveranstaltung der beiden Kernostschweizer Industrie- und Handelskammern zusammen mit der Universität St. Gallen für unsere Mitgliedsunternehmen – also von Ostschweizern für Ostschweizer. 2019 führen wir mit dem neu gewonnenen Partner St. Gallen Symposium deren Public Forum mit unserem EcoOst-Symposium zusammen.

Das neue EcoOst St. Gallen Symposium wird also gemeinsam vom St. Gallen Symposium und der IHK organisiert. Was erhoffen Sie sich von dieser Zusam­menarbeit?

Beat Ulrich: Das St. Gallen Symposium ist wohl die internationalste Konferenz der Ostschweiz, die jeweils drei Generationen zusammenbringt, um über Schlüsselthemen unserer Zeit zu debattieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Das Teilnehmerfeld setzt sich aus den engagiertesten jungen Menschen sowie Führungspersonen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft aus über 60 Nationen zusammen. Mit dem EcoOst St. Gallen Symposium bereiten wir die Erkenntnisse aus internationaler Perspektive für die Ostschweizer Bevölkerung und Wirtschaft auf und stellen den regionalen Bezug her. Wir erhoffen uns, die Erkenntnisse und erste Lösungsansätze im Dialog mit der Region anzureichern und weiterzuentwickeln. Dank der Unterstützung der Ria & Arthur Dietschweiler Stiftung konnte 2018 das erste öffentliche Forum überhaupt durchgeführt werden. Wir freuen uns sehr, dass wir das Format nun mit zwei weiteren starken Partnern fortsetzen.

Markus Bänziger: Ziel ist es, die Erkenntnisse aus dem Anfang Mai durchgeführten international besetzten St. Gallen Symposium auf die Region herunterzubrechen und der Ostschweizer Wirtschaft zu vermitteln.

Und welche Rolle spielt dabei die Universität St. Gallen?

Ulrich Schmid: Die Universität St. Gallen möchte durch diese Kooperation ihre Fachkompetenz in die Wirtschaft der Region hineintragen. Seit fast 50 Jahren organisieren Studierende der HSG das St. Gallen Symposium, das sich zu einem hochkarätigen Event entwickelt hat. Die Themen des St. Gallen Symposiums sollen durch das neue Format anschlussfähig werden für die Ostschweizer Unternehmen. Das ist nicht nur ein Mehrwert für die Universität, sondern auch ein Mehrwert für die Region – wir wollen, dass die HSG als führende Wirtschaftshochschule auch etwas im unternehmerischen Umfeld an ihrem Standort bewirken kann.

Beat Ulrich: Die Wurzeln des St. Gallen Symposiums liegen bei der Universität St. Gallen. Vor fast 50 Jahren haben fünf HSG-Studierende das St. Gallen Symposium als studentische Initiative gegründet. Bis heute engagieren sich jährlich rund 30 HSGler ehrenamtlich, um jeweils im Mai das St. Gallen Symposium stattfinden zu lassen. Von der engen Verbundenheit und dem langjährigen Erfolg profitieren beide Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene. Bei der Themenvorbereitung werden die Kompetenzen und Forschungsstellen der Universität aktiv eingebunden, um die aktuellen Themen auch wissenschaftlich fundiert aufzubereiten und zu vermitteln. Darüber hinaus ist es der HSG und dem St. Gallen Symposium ein gemeinsames Anliegen, die Region stärker einzubeziehen und sie vom Erkenntnisgewinn profitieren zu lassen.

Was ist das Ziel der Veranstaltung und wer soll angesprochen werden?

Beat Ulrich: Wir möchten unser aktuelles Symposiumsthema «Capital for Purpose» auch aus Sicht der regionalen Wirtschaft und Bevölkerung beleuchten und die relevanten Aspekte für die Ostschweiz herausschälen. Dazu arbeiten regionale Unternehmerinnen und Unternehmer eng mit der IHK und der Universität St. Gallen zusammen. Zudem soll auch der Generationendialog – der Kern­gedanke des St. Gallen Symposiums – auf die Region übertragen werden. Dafür werden ­einerseits bei der Aufbereitung des Themas Studierende der Universität mitarbeiten, andererseits werden Vertreter der jungen Generation auch auf dem abschliessenden Panel mitdiskutieren. Insbesondere für junge Unternehmer und Arbeitnehmende sind wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte gleichwertige Entscheidungskriterien für den langfristigen Einsatz von Kapital geworden. Damit stellt sich für Unternehmen zunehmend die Frage, wie es ihnen gelingt, einen attraktiven Unternehmenszweck auszustrahlen, um auch in Zukunft das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitenden und Investoren zu geniessen. Somit sprechen wir mit dem Thema die breite Bevölkerung und die regionale Wirtschaft an.

Der Universität St.Gallen wird oft eine zu grosse Distanz zur lokalen Wirtschaft und zur Bevölkerung vorgeworfen. Als kantonale Hochschule ist sie aber trotz zunehmend internationaler Ausrichtung auf die lokale Akzeptanz angewiesen. Glauben Sie, dass das EcoOst St. Gallen Symposium die lokale Verankerung verbessern wird?

Ulrich Schmid: Wir sehen die internationale Ausrichtung und die regionale Verankerung nicht als gegensätzliche, sondern als kom­plementäre Ziele. Die HSG verfügt über ein ausgezeichnetes internationales Netzwerk, von dem auch die Unternehmen in der Ostschweiz profitieren sollen. Wir sind stolz da­rauf, eine kantonale Hochschule zu sein. Das bedeutet, dass wir in der Gesellschaft verankert sind und der Bevölkerung Rechenschaft über unsere Aktivitäten in Forschung, Lehre und Weiterbildung ablegen. Die höchste Auszeichnung für die HSG liegt darin, dass sie in der Ostschweiz als «unsere» Universität wahrgenommen wird.

Beat Ulrich: Davon bin ich überzeugt – ein aktiverer Austausch und ein besseres Verständnis dafür, was das St. Gallen Symposium ist und was die Veranstaltung für die Region zu bieten hat, fördern die lokale Verankerung auf jeden Fall. Der Schulterschluss zwischen den IHKs St. Gallen-Appenzell und Thurgau, der Universität St. Gallen und dem St. Gallen Symposium ist ein wegweisender Schritt, diese Beziehungen zu stärken. Das St. Gallen Symposium bietet nebst dem zeitlich nachgelagerten EcoOst St. Gallen Symposium auch während der eigentlichen Konferenz öffent­liche Veranstaltungen, und die Plenarveranstaltungen werden im Internet live gestreamt. Dieser Livestream könnte für Interessierte oder auch für Schulklassen sehr spannend sein, um live die Beiträge von nationalen und internationalen Persönlichkeiten wie Thomas Jordan, Christian Mumenthaler oder Marcus Wallenberg zu verfolgen. Persönlich ist es mir ein grosses Anliegen, dass die Region dank mehr Transparenz einen Stolz für das St. Gallen Symposium entwickelt.

Das Motto des St. Gallen Symposiums 2019 lautet «Capital for Purpose». Was kann man darunter verstehen?

Beat Ulrich: Wir sind täglich mit Nachrichten konfrontiert, die das öffentliche Vertrauen in Unternehmen, Organisationen und Regierungen schwinden lassen. Mit dem Thema «Capital for Purpose» fordert das studen­tische Organisationskomitee heutige und künftige Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft auf, Lösungsansätze gegen das kurzfristige Renditedenken zu entwickeln. Wir wollen auch darüber sprechen, wie wir Kapital definieren und wie Unternehmen einen Unternehmenszweck ausstrahlen können, der über das reine Profitstreben hinausgeht. Die Anforderungen an das Wirtschaften und damit an den langfristigen Kapitaleinsatz sind gestiegen. Klimawandel, ­digitale Transformation und kulturelle Veränderungen – nicht zuletzt geprägt durch die Millennials – sind neue Parameter, die für den langfristigen und nachhaltigen Einsatz von Kapital berücksichtigt werden müssen. Während des St. Gallen Symposiums wollen wir heutige Entscheidungsmechanismen auf den Prüfstand stellen, angepasste Anreizmodelle diskutieren und in interaktiven Workshops auch unkonventionelle Lösungsansätze erarbeiten.
Zudem werden mit dem aktuellsten «Global Trade Alert Report» der Universität St. Gallen auch die neusten Entwicklungen bei internationalen Handelshemmnissen thematisiert und Handlungsalternativen für Firmen in diesem dynamischen Umfeld besprochen. Dieser Themenaspekt wird insbesondere für international ausgerichtete Ostschweizer Unternehmen von besonderem Interesse sein.

Die Themen sind anspruchsvoll und nehmen globale Entwicklungen auf. Wo liegt der Nutzen für die Ostschweizer Wirtschaft?

Markus Bänziger: Die Kernostschweiz hat im nationalen und internationalen Vergleich eine hohe Exportquote. Aussenhandel, Export und damit Kontakte in alle Welt gehören nicht nur zu unserer Textilgeschichte, sondern haben für erhebliche Teile der Ostschweizer Wirtschaft eine zentrale Bedeutung, ja es ist Teil des Tagesgeschäfts. Entsprechend ist ein vertiefter Blick der Ostschweizer Wirtschaftskader in die Themen des St. Gallen Symposiums relevant und bereichernd.

Wie sieht der Ablauf der gemeinsamen Veranstaltung aus?

Beat Ulrich: Die Veranstaltung besteht aus zwei Teilen: Im ersten geschlossenen Teil werden IHK-Mitglieder zu spezifischen Themenworkshops eingeladen, die jeweils von einem Ostschweizer Unternehmer geleitet werden. In den Workshops werden einzelne Themen­aspekte und Erkenntnisse des 49. St. Gallen Symposiums vertieft und in Bezug zur Ostschweiz gestellt. Dafür arbeiten die IHK, Unternehmer und die Uni­versität St. Gallen sehr eng zusammen.
Im zweiten öffentlichen Teil sind die Ostschweizer Bevölkerung und Wirtschaft zu ­einer moderierten Paneldiskussion mit regionalen und nationalen Unternehmern eingeladen. In dieser Runde geht es um die Frage, ob Familienunternehmen oder inhabergeführte Unternehmen im Vergleich zu börsenkotierten Unternehmen wirkungsvolle Lösungs­ansätze haben, um das kurzfristige Renditedenken zu überwinden.

Kann man sich als interessierter Unternehmer bei Ihnen melden, wenn man eine dieser Workshop-Gruppen leiten möchte?

Markus Bänziger: Auf jeden Fall! Gesucht sind engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Wirtschaftskader, die sich dafür interessieren, das am St. Gallen Symposium behandelte Thema «Capital for Purpose» auf eine regionale Wirtschaftsperspektive herunterzubrechen. Nach einem gemeinsamen Besuch des St. Gallen Symposiums mit Vertretern der IHK, des Lehrkörpers der Universität sowie Studenten werden die Hauptaussagen für einen Publikumsworkshop im Rahmen des neuen EcoOst St. Gallen Symposiums vom 27. Mai 2019 auf- und vorbereitet.

Der zweite Veranstaltungsteil wird dank der Dietschweiler-Stiftung öffentlich sein. Was ist zu erwarten?

Beat Ulrich: Gerade in der heutigen Zeit wird das Vertrauen in die Unternehmen stark strapaziert – die Kundinnen und Kunden fühlen sich teilweise ohnmächtig. Auf dem öffent­lichen Panel diskutieren regionale und nationale Unternehmerinnen und Unternehmer über die Frage, wie kurzfristige Entscheidungsanreize überwunden werden können und wie dies beispielsweise Familienunternehmen bzw. inhabergeführten Unternehmen gelingt. Dank der Unterstützung der Ria & Arthur Dietschweiler Stiftung ist die Diskussionsrunde für alle Interessierten kostenlos.

EcoOst St. Gallen Symposium

Montag, 27. Mai 2019
15.00 – 17.30 Uhr: Workshops für IHK-Mitglieder und Gäste
17.30 – 19.30 Uhr: öffentliche Paneldiskussion
Weiterbildungszentrum Holzweid, St.Gallen

Information und Anmeldung

EcoOst St.Gallen Symposium

Diese Beiträge könnten
Sie ebenfalls interessieren: