Aufhebung Industriezölle Schweiz setzt Zeichen für Freihandel
Für kleine Staaten, die keinen Einfluss auf die Weltpreise ausüben können, sind Importzölle wohlfahrtsmindernd, da sie die inländischen Preise künstlich erhöhen. Die Abschaffung der Industriezölle ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz. Konsumentinnen und Konsumenten können sich über günstigere Konsumgüter wie Kleidung, Kosmetika oder Autos freuen, auch wenn der Effekt kaum spürbar sein dürfte – nicht zuletzt wegen der gleichzeitigen Anhebung der Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent. So ist ein T-Shirt, welches netto Fr. 60.– kostet, nur Fr. 0.80 billiger.1
Die preiswerten Industrieimporte schwächen dabei nicht die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen, sondern dürften zu einer Produktivitätssteigerung führen. Durch günstigere Zwischenprodukte wird die Konkurrenzfähigkeit von Schweizer Industriefirmen im internationalen Wettbewerb gestärkt, was sich positiv auf das Exportvolumen auswirkt. Zudem wird der Druck des starken Schweizer Frankens für exportorientierte Unternehmen gemildert.
Wohlfahrtsgewinne überwiegen staatliche Einbussen
Zwar entfallen rund Fr. 490 Mio. an Zolleinnahmen für den Staatshaushalt, jedoch kommen diese in Form von günstigeren Preisen den Konsumentinnen und Konsumenten zugute. Durch die Vereinfachung der Zolltarifstruktur sparen Importeure nach Schätzungen des Bundes zudem Fr. 100 Mio. an administrativen Kosten pro Jahr ein. Zusätzliche Fr. 270 Mio. an Wohlfahrtsgewinnen erwartet der Bund aus indirekten Effekten wie geringeren Handelskosten, Effizienzgewinnen sowie Wachstumseffekten. Die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinne für Produzenten/-innen und Konsumenten/-innen belaufen sich somit auf geschätzte Fr. 860 Mio. pro Jahr und gleichen die wegfallenden Zolleinnahmen mehr als aus. Der Staat kann aufgrund der Wachstumseffekte mit zusätzlichen Steuereinnahmen von jährlich Fr. 150 Mio. rechnen.2
Ursprungsnachweis wird schwieriger
Trotz der positiven ökonomischen Auswirkungen können für Schweizer Exporteure in der Praxis administrative Herausforderungen entstehen. Aufgrund der wegfallenden Importzölle müssen ausländische Firmen, die in die Schweiz exportieren, keine präferenziellen Ursprungsnachweise mehr ausstellen. Wollen Schweizer Unternehmen die importierten Waren jedoch wieder exportieren, müssen sie weiterhin präferenzielle Ursprungsnachweise einholen, um von präferenziellen Zöllen im Rahmen von bestehenden Freihandelsabkommen zu profitieren. Dies gilt sowohl für Waren, die unverändert wieder exportiert werden (Durchhandel), als auch für Vorprodukte, die zu anderen Exportgütern weiterverarbeitet werden (Kumulation). Damit Schweizer Exporteure weiterhin von Freihandelsabkommen profitieren können, müssen sie sich explizit um präferenzielle Ursprungsnachweise für importierte Industriegüter bemühen. Dies kann wiederum zu einem höheren administrativen Aufwand sowie damit verbundenen Mehrkosten führen.
Bei zukünftigen Freihandelsabkommen verfügt die Schweiz im Industriehandel zwar über weniger Verhandlungsmasse, da potenziellen Freihandelspartnern keine Bevorzugung mehr beim Import in die Schweiz gewährt werden kann. Dennoch tut die Schweiz als kleine Volkswirtschaft gut daran, Handelshemmnisse zu beseitigen und sich für den multilateralen Freihandel einzusetzen.
Was ändert sich für Unternehmen?
Hilfreiche Informationen zur Aufhebung der Industriezölle und deren Auswirkungen finden Sie hier: www.ihk.ch/factsheet-industriezölle
1 Swiss Trade Monitor: Edition 9, 14. Dez. 2023
2 SECO, 2017
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Dieser Artikel erschien am 28. Februar 2024 im Mitgliedermagazin IHKfacts zum Thema Vorsorge.