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«Eine individuelle Lösung muss möglich sein.»

Zweite Säule unter Druck «Eine individuelle Lösung muss möglich sein.»

Nicht nur die AHV hat dringenden Reformbedarf, auch die zweite Säule steht unter Druck. Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (BVG), die Grundlage der beruflichen Vorsorge, befindet sich im Umbau. Gegen die Gesetzesänderung wurde das Referendum ergriffen, der Abstimmungstermin ist noch nicht bekannt.

Wir haben bei Dr. Bettina Fleisch, Owner & CEO säntis packaging, nachgefragt, wie sie als Arbeitgeberin die berufliche Vorsorge organisiert habe und was sie diesbezüglich am meisten beschäftige.

 

Bettina Fleisch, wie hat säntis packaging die berufliche Vorsorge der Angestellten organisiert?

Die säntis packaging ag (spag) ist einer Sammelstiftung angeschlossen und partizipiert in diesem Stiftungsrat mit zwei Stimmen, einer als Vertreter der Arbeitgeberin und einer als Vertreter der Arbeitnehmenden.

Da die spag ein KMU mit einem Personalbestand von weniger als 200 Mitarbeitenden ist, ist die Führung einer eigenen Personalvorsorgestiftung zu aufwendig. Die Risikoabsicherung wäre für so wenige Versicherte kaum optimal zu regeln und die Finanzanlagen könnten zu wenig breit abgestützt werden.

Wo sehen Sie die grössten Vorteile der Sammelstiftung?

Die spag partizipiert an einer professionell geführten Organisation und muss keine diesbezüglichen Fachkompetenzen abdecken. Es stehen unterschiedliche Vermögensanlage- und Prämienmodelle zur Verfügung, sodass die spag die Möglichkeit hat, eine bestimmte Ausrichtung zu wählen, minimale Prämien in «schlechten Zeiten», höhere Prämien in Zeiten mit guten Ergebnissen und so weiter.

Welche Themen beim BVG beschäftigen Sie als Arbeitgeberin am meisten?

Das BVG sieht nach Alter eine Abstufung der Prämien vor – zulasten der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmer. Ältere Mitarbeitende sind gegenüber Jungen wesentlich kostenintensiver. Wenn das Kostenbudget angespannt ist, stellt dies für ältere Mitarbeitende ein Handicap dar. Dies ist in den letzten zehn Jahren vor der Pensionierung allenfalls mit ein Grund, viel schwerer eine neue Anstellung zu realisieren.

Ein weiteres Problem ist das fixe Pensionsalter. Bei Frühpensionierungen ist eine vorgezogene Rente zu tief, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können, und bei Pensionierungen nach dem ordentlichen Pensionsalter müsste eine individuelle Lösung möglich sein, um dem Einzelnen gerecht zu werden. Fixe Modelle basieren auf einer altersunabhängigen Leistungskraft, und das ist oft so nicht mehr erreichbar.

Wo sehen Sie den grössten Reformbedarf in der zweiten Säule?

  • Flexibilisierung des Rentenalters für Mann und Frau, z.B. zwischen 60 und 70.
  • Aufhebung des Koordinationsabzugs, damit auch bei geringen Einkommen eine vernünftige Rente aufgebaut wird.
  • Nachzahlung von bis zu fünf Jahren, wenn jemand einen Arbeitsunterbruch hatte (Ausland, Kinder, Bildung).
  • Staffelung der Prämien nach Alter eliminieren oder zumindest verkleinern.
  • Bei IV-Renten die Kaufkraft des Aufenthaltslandes mitberücksichtigen, d.h. Indien mit Kaufkraftfaktor 4 ergibt eine Rente von 25 % statt 100 %.

Zum Unternehmen

Die säntis packaging ag im rheintalischen Rüthi ist ein Familienunternehmen der dritten Generation und spezialisiert auf Verpackungen und technische Teile aus Kunststoff für unterschiedliche Branchen, vornehmlich die Lebensmittelindustrie. Neu will das Unternehmen auch in den Bereich der Pharmaverpackungen expandieren.

Mit rund 200 qualifizierten Mitarbeitenden und einem hochmodernen Maschinenpark fertigt die prominente Arbeitgeberin an ihren drei Standorten «kreative Verpackungslösungen mit Schweizer Qualität». Besonders bekannt darunter sind der Caffè-Latte-Becher von Emmi sowie zahlreiche Joghurtbecher und rund 2 Mrd. Kaffeekapseln verschiedener Marken.

Das Unternehmen legt sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit. Daher entwickelt es nach den Standards des Eco-Designs: ressourcenschonend, kreislauffähig und schadstoffarm.

Übrigens gehört auch die traditionsreiche Säntis Batterie AG in die Firmengruppe, welche mit dem «grössten Batteriensortiment der Schweiz» auf dem Markt vertreten ist.

Dieser Artikel erschien am 28. Februar 2024 im Mitgliedermagazin IHKfacts zum Thema Vorsorge.