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Freistellung während Kündigungsfrist

Freistellung während Kündigungsfrist

Freistellung während der Kündigungsfrist – sind die restlichen Ferientage und Überstunden dadurch abgegolten?

Nicht selten werden Arbeitnehmende (insbesondere solche mit Kundenkontakt) nach einer Kündigung während der Kündigungsfrist freigestellt. Eine Freistellung kann einseitig durch die Arbeitgeberin ausgesprochen werden und stellt nichts anderes als einen Verzicht auf die Arbeitsleistung dar. Die Arbeitgeberin muss dem freigestellten Arbeitnehmenden aber dennoch den Lohn weiterbezahlen und auch der Ferienanspruch wächst weiter an.

Freigestellte Arbeitnehmende müssen aufgrund ihrer Treuepflicht nach Möglichkeit Ferientage beziehen, wenn während der Freistellung freie Tage zur Verfügung stehen, die wie Ferientage genutzt werden können. Der Klarheit halber sollte eine Arbeitgeberin dennoch mit der nachfolgenden Formulierung anordnen, dass das noch vorhandene Ferienguthaben während der Freistellung bezogen werden muss:

Ihre restlichen Ferienansprüche im Umfang von [Anzahl] Tagen sind durch die Freistellung abgegolten. Der Zeitpunkt des Ferienbezugs steht Ihnen frei.“

Bei einem Ferienbezug während der Freistellung müssen die Interessen des Arbeitnehmenden berücksichtigt werden, z.B. dass der Arbeitnehmende eine neue Stelle suchen muss und die Ankündigung des Ferienbezuges relativ kurzfristig erfolgt. Aus diesem Grund kann ein grosses Ferienguthaben während der Kündigungsfrist gegebenenfalls nur beschränkt bezogen werden. In der Praxis gibt es eine grobe Faustregel, nach der grundsätzlich Ferien im Umfang von einem Drittel der Freistellungsdauer bezogen werden können. Dauert die Freistellung z.B. zwei Monate (entspricht ca. 43.5 Arbeitstage), dann können rund 14.5 Tage Ferien bezogen werden. Je nach Einzelfall ist es aber auch möglich, dass mehr oder weniger Ferientage bezogen werden können (z.B. wenn der Arbeitnehmende selber gekündigt hat oder bereits eine Stelle hat).  

Überstunden gelten durch die Freistellung nicht ohne weiteres als kompensiert. Vielmehr kommt es auf die Regelung im Arbeitsvertrag oder Personalreglement an. Normalerweise können Überstunden nur im Einverständnis mit dem Arbeitnehmenden kompensiert werden, d.h. die Arbeitgeberin kann die Kompensation während der Freistellung nicht einseitig anordnen. Falls im Arbeitsvertrag oder Personalreglement aber schriftlich vereinbart wurde, dass die Arbeitgeberin die Kompensation von Überstunden anordnen darf, dann kann die Arbeitgeberin die Kompensation während der Freistellung vorsehen, z.B. durch folgende Formulierung:

„Ihre noch nicht kompensierten Überstunden von [Anzahl] Stunden sind durch die Freistellung abgegolten.“

Dezember 2017
Stefan Rieder, Dr. iur. HSG, LL.M., Rechtsanwalt
Bratschi Wiederkehr & Buob AG
Mitglied des St.Galler Anwaltsverbandes SGAV