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Subventionitis auf Kosten des Werkplatzes

IHK St. Gallen-Appenzell unterstützt das Referendum gegen die Energiestrategie 2050 Subventionitis auf Kosten des Werkplatzes

Robert Stadler, Leiter Kommunikation / Stv. Direktor IHK

Die Energiestrategie 2050 ist ein planwirtschaftliches Monstrum, das die Schweiz teuer zu stehen kommen wird. Zurzeit werden Unterschriften für ein Referendum gesammelt. Das überparteiliche Netzwerk «Alliance Energie» will, dass das Schweizer Volk zu dieser entscheidenden Frage das letzte Wort hat. Die IHK St. Gallen-Appenzell lehnt die Energiestrategie 2050 ebenfalls ab und unterstützt das Referendum. Denn die Energiewende setzt die Versorgungssicherheit aufs Spiel und führt einen Subventions-Dschungel mit zahlreichen bürokratischen Regulierungen und Zwangsmassnahmen ein.

Bis vor gut fünf Jahren war die künftige Energiepolitik vorgezeichnet: Angesichts der Klimaerwärmung sollte der steigende Strombedarf gedeckt werden, ohne die Umwelt mit CO2-Gasen weiter zu schädigen. Bewerkstelligen liesse sich dies mit Kernkraftwerken der neusten Technologie. Doch der 2011 von einer Tsunami-Katastrophe ausgelöste Reaktorunfall in Fukushima stellte die Energie­politik auf den Kopf. Jedenfalls im deutschsprachigen Raum. Nebst der deutschen Bundesregierung beschloss auch eine Mehrheit des Bundesrates handstreichartig den Ausstieg aus der Kernenergie und damit die Energiewende. Es war wohl kein Zufall, dass dieser Gesinnungswandel wenige Monate vor den eidgenössischen Wahlen erfolgte. Politik und Medien stimmten ein in den Chor, der die Kernenergie verteufelte. Der Verzicht auf neue Kernkraftwerke zwingt zu einem Umbau des Schweizer Energiesystems. Dieser wurde vom Bundesrat in der Energiestrategie 2050 skizziert. Dazu gehören neben dem Verbot neuer Kernkraftwerke auch die Lenkung des Energieverbrauchs durch eine Energie-Lenkungsabgabe, Erhöhungen der Vorschriften, der Abgaben und der Subventionen.

Die IHK St. Gallen-Appenzell äusserte sich bereits vor zwei Jahren kritisch zur Energiestrategie 2050. Im IHK-Standpunkt «Energiestrategie 2050: Sinnvolle Strategie oder Weg ins Abseits?» zeigte Frank Bodmer auf, dass die Strategie keine realistische Basis für die schweizerische Energiepolitik darstellt. Zu viele Ziele sollen gleichzeitig erreicht werden. Ähnlich klang es auch von anderer Seite: Die grossen Wirtschaftsverbände wie der Gewerbeverband oder economiesuisse äusserten sich sehr skeptisch gegenüber der Energiestrategie 2050. Kritisiert wurden die mangelnde Versorgungssicherheit, das ausgebaute Subventions-System und die zahllosen bürokratischen Regulierungen und Zwangsmassnahmen.

Gekauft und mundtot gemacht

Trotz dieser grossen Bedenken steht heute das überparteiliche Netzwerk «Alliance Energie», welches das Referendum gegen die Energiestrategie ergreift, ziemlich einsam da. Mit Ausnahme von Swissmem unterstützt keiner der grossen nationalen Verbände das Referendum; von den Parteien blieben gerade noch die SVP sowie einzelne FDPler übrig. Doch weshalb? Sind der Strategie im Laufe der Behandlung in den eidgenössischen Räten etwa die Zähne gezogen worden? Mitnichten. In vielerlei Hinsicht wurde die Vorlage sogar verschlimmbessert. So wurde die Subventions-Giesskanne noch üppiger gefüllt, um die verschiedenen Kritiker gnädig zu stimmen und mundtot zu machen. Alle möglichen Betroffenen erhalten nun ein Stück vom Kuchen: Die grossen Stromkonzerne, die Bergkantone, die Hauseigentümer, das Baugewerbe und die Cleantech-Lobby.

Die Stromkonzerne können mit der Energiestrategie leben, da sie keine Laufzeitbeschränkung für bestehende Kernkraftwerke vorsieht oder auch keine Effizienzziele mehr vorschreibt. Zudem fliessen die ursprünglich für die erneuerbaren Energien vorgesehenen Subventionen jetzt auch bestehenden Kraftwerken zu. Da die Wasserkraft unter den tiefen europäischen Strompreisen leidet, kommt auch dort das Subventions-Füllhorn zum Zug: Wasserkraftwerke, die ihre Produktionskosten nicht decken können, erhalten eine Marktprämie von bis zu einem Rappen pro Kilowattstunde. Auch Gewerbe- und Hauseigentümerverband akzeptieren jetzt die Energiestrategie 2050, denn sie verspricht ihrer Klientel Einsparungen respektive Einnahmen dank verordneter Impulsprogramme zur energietechnischen Gebäudesanierung. Die Energiestrategie 2050 setzt einen Subventionskreislauf in Gang, der uns mittel- und langfristig sehr teuer zu stehen kommt.

Volk entscheiden lassen

Bei der ganzen Subventionsjagd im Parlament ging offenbar vergessen, dass die Energiestrategie 2050 die Wirtschaft langfristig treffen wird: Die KMU werden über Abgaben und Steuern sowie Vorschriften und Verbote die Zeche bezahlen müssen, und die Exportwirtschaft wird im internationalen Wettbewerb benachteiligt, weil Stromausfälle wahrscheinlicher werden und die ausländische Konkurrenz günstiger produzieren kann. Nebst all dem sind nicht einmal die ursprünglichen Ziele – Atomausstieg bei gleichzeitiger Senkung des CO2-Aus­stosses sowie Versorgung mit bezahlbarem und sicher fliessendem Strom – realistischer geworden. Die hehren Ziele von Atomausstieg und sauberer Energie sind heuchlerisch, denn die Energiestrategie 2050 macht uns einfach abhängiger von französischem Atom- und deutschem Kohlestrom.

Aus all diesen Überlegungen heraus hat der Vorstand der IHK St. Gallen-Appenzell seine ablehnende Haltung gegenüber der Energiestrategie 2050 bekräftigt. Dies stellt keineswegs eine Aussage gegen die neuen erneuerbaren Energien oder den technologischen Fortschritt dar. Der Wandel soll aber nicht durch ein planwirtschaftliches Monstrum mit vielen neuen Subventionen erzwungen werden. Der Markt wird selber Lösungen hervorbringen. So hat der Unternehmer Elon Musk, Gründer des Elektroauto-Pioniers Tesla, wohl mehr zur Entwicklung der erneuerbaren Energien beigetragen als alle bürokratischen Planspiele zusammen. Es wäre deshalb wünschenswert, dass das Referendum zustande kommt und das Volk über die Energiestrategie 2050 entscheiden kann.

Ostschweizer sind skeptischer

Ein Blick auf das Abstimmungsverhalten der Ostschweizer Nationalratsmitglieder stimmt für die weitere Legislatur immerhin etwas optimistischer: Während das gesamte Parlament mehrheitlich hinter der Energiestrategie 2050 stand, waren die Ostschweizer Parlamentarier etwas kritischer. Im Nationalrat stimmten die Vertreterinnen und Vertreter aus St. Gallen, Ausserrhoden und Innerrhoden mehrheitlich gegen die Energiestrategie 2050: Acht stimmten gegen die Energiestrategie (die sechs SVPler sowie die beiden FDP-Vertreter) und sechs dafür (vier CVPler sowie die beiden SP-Politikerinnen).

Allerdings relativierte der Ständerat dieses Bild: Denn die vier Ständeratsmitglieder aus den drei Kantonen unseres Kammergebietes stimmten im Verhältnis 3 zu 1 für die Energiestrategie. Einzig der Ausserrhoder FDP-Vertreter Andrea Caroni hielt in der kleinen Kammer das Fähnchen der Kritiker hoch.

Referendum unterzeichnen

Achtung: Die Referendumsfrist läuft bereits Mitte Januar ab! Bitte retournieren Sie deshalb den ausgefüllten Unterschriftenbogen bis spätestens  4. Januar 2017. Unter der Webadresse www.energiestrategie-nein.ch können Sie Unterschriftenbogen bestellen.