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Schoeller Textil: Ideen aus der Natur

Transformation – Von der Kammgarnspinnerei zum Produzenten von Hightech-Geweben Schoeller Textil: Ideen aus der Natur

Robert Stadler, Leiter Kommunikation / stv. Direktor IHK

Die Produkte von Schoeller Textil stecken in Stretch-Bekleidung für Sport und Freizeit, in Schutztextilien für Polizeiuniformen oder wurden schon von Astronauten in der ISS-Raumstation getestet. Das ­Unternehmen aus Sevelen beschreitet heute konsequent eine ­Nischenstrategie für hochfunktionelle Gewebe und Gewirke und ist damit weltweit erfolgreich. Entscheidend für die Wandlungsfähigkeit von Schoeller ist die Innovation dank Forschung und Entwicklung.

Wie bei so vielen Schweizer Unternehmensgeschichten legte auch bei der Schoeller Textil AG ein Migrant den Grundstein: Rudolph Schoeller, geboren im Rheinland, war bereits Textilfabrikant in Breslau, bevor er in die Schweiz zog und 1868 in Schaffhausen eine der ersten Kammgarnspinnereien gründete. Es war eine Zeit des Aufbruchs in der Schweiz. Die Firma entwickelte sich prächtig: 1882 entstand in Zürich-Hardturm eine der modernsten Färbereianlagen Europas, unter anderem auf der Basis von elektrischem Strom. Gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts laufen die Erfindungen, die Produktion sowie die Exporte auf Hochtouren. Es werden Auslandsniederlassungen gegründet und andere Betriebe übernommen. 1954 kauft Schoeller Textil die Tuchfabrik in Sevelen, den heutigen Hauptsitz. Hier werden auch erste Versuche mit «modernen» Polyesterfasern durchgeführt und Schoeller nimmt den aus den USA kommenden Trend zu elastischen Stoffen auf. Die ersten Stretch-Skihosen entstehen und lösen die bis dahin weit verbreitete «kratzige» Wollhose ab.

Konsequente Nischenstrategie

Während der Wirtschaftskrise in den 70er-Jahren werden erste Tochtergesellschaften in Übersee gegründet und die Produktion an einem Standort konzentriert. Mitte der 80er-Jahre beginnt eine Umstrukturierungsphase: Schoeller entscheidet sich für eine Nischenstrategie mit hochwertigen Spezialgeweben für Sport, Freizeit und Arbeitsschutz. So verarbeitet Schoeller beispielsweise erstmals hochfeste Aramidfasern in Motorradbekleidung – heute ein Bereich, in dem Schoeller weltweit führend ist. Gleichzeitig legt Schoel­ler hohen Wert auf eine ökologische Produktion. «Heute beobachten wir die Natur und schöpfen daraus unsere Ideen», sagt CEO Siegfried Winkelbeiner. Das Portfolio des Unternehmens umfasst sechs verschiedene Geschäftsbereiche, unter anderem «Performance Textiles» (hochfunktionelle Gewebe für diverse Sportarten), «Protection Textiles» (Schutztextilien z.B. für Polizei-Uniformen) oder «Eschler Knitting Textiles» (innovative Maschentextilien für den Spitzensport).

Wandel durch Forschung

Doch wie hat es Schoeller während der 150-jährigen Geschichte immer wieder geschafft, sich zu transformieren und erfolgreich zu bleiben? «Vermutlich hat man nicht immer bewusst wahrgenommen, dass eine Transformation stattfindet», erklärt Winkelbeiner. Für Schoeller habe die Forschung und Entwicklung jedoch immer eine zentrale Rolle gespielt. Die Ergebnisse dieser Forschung erforderten dann wieder die Zusammenarbeit mit neuen Kundengruppen oder anderen Partnern. «Die Firma musste sich aber auch an Veränderungen in der Zulieferer-Industrie anpassen.» Früher sei man durch die Rohmaterialien wie Garne oder Fasern auf innovative Produkte gestossen, heute geschehe dies durch die Ausrüstungs-Forschung. So entstehe immer wieder Neues und das Unternehmen könne sich weiterentwickeln. Eine der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Transformationsprozess sieht er darin, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und mit entsprechenden Anpassungen darauf zu reagieren. «Kreativität spielt hier eine grosse Rolle, aber entscheidend ist, dass Innovation in den Genen des gesamten Unternehmens liegen muss», ist sich Siegfried Winkelbeiner sicher.