Älteste Handelskammer der Schweiz

555 Jahre später darf nun die IHK St.Gallen-Appenzell als Nachfolgeorganisation ein ganz spezielles Jubiläum feiern. Sie ging 1991 aus dem Zusammenschluss von Kaufmännischer Corporation und Handels- und Industrieverein hervor. Erstere konstituierte sich in den 1630er-Jahren und übernahm in der Folge die operativen Aufgaben der Gesellschaft zum Notenstein. Auch wenn diese Jahreszahlen und organisationalen Ablösungen nicht alle einheitlich dokumentiert sind: Die IHK St.Gallen-Appenzell darf sich unbestritten älteste Handelskammer der Schweiz und gar eine der ältesten weltweit nennen. Dieser Umstand böte Grund genug, die bewegte Geschichte aufzurollen – was wir punktuell im Verlauf dieses Jahres auch machen werden.

Geschichte verpflichtet

Doch unser Fokus gilt nur untergeordnet der Vergangenheit. Geschichte verpflichtet, Erinnerung soll zukunftstauglich sein. So verstehen wir die lange und bewegte Geschichte der IHK als Auftrag, uns der Zukunft zu verschreiben und diese gemeinsam mit unseren Mitgliedern zu gestalten. Nur mit Gestaltungswillen lässt sich eine Erfolgsgeschichte fortschreiben. Viele IHK-Mitglieder leben diesen Geist tagtäglich vor. Die Kernregion Ostschweiz ist geprägt durch eine starke industrielle Basis. Zahlreiche Unternehmen sind in ihrem Segment Weltmarktführer. Sie sind der Konkurrenz stets einen Schritt voraus. Das bedingt Weltoffenheit, Zukunftsglauben und Veränderungsbereitschaft. Ostschweizer Unternehmen gestalten den Wandel, statt ihn zu erleiden. Doch wir müssen für den unternehmerischen Entfaltungsraum einstehen, der das Wirken und den Wandel überhaupt erst ermöglicht. Handlungsbedarf besteht vorrangig in den vier Themenfeldern Köpfe, Infrastruktur, Entfaltung und Vernetzung.

Köpfe

Der Arbeitsmarkt wird sich in den nächsten Jahren stark wandeln und die Unternehmen vor grosse Herausforderungen stellen. Die demografische Entwicklung sorgt für einen Nettoaustritt von Personen im erwerbsfähigen Alter aus dem Arbeitsmarkt. Gleichzeitig nimmt der Innovations- druck zu. Die Komplexität unserer Tätigkeiten und damit die Anforderungen an Fachwissen und vernetztem Denken steigen. In der Folge intensiviert sich der Wettbewerb um die besten Köpfe und Ideen. Es muss uns als Gesellschaft gelingen, die Arbeitsmarktfähigkeit und -beteiligung zu sichern. Das gelingt mit Exzellenz in Forschung und Bildung. Mit einem starken dualen Bildungssystem auf Basis einer kompetenzorientierten Berufsbildung. Mit einer verbesserten Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf.Mit horizontalen Entwicklungsmöglichkeiten. Und
mit lebenslangem Lernen als Selbstverständlichkeit für uns alle.

Infrastruktur

Ostschweizer Unternehmen müssen sich auf leistungsfähige Lebensadern verlassen können. Der Fluss von Personen, Verkehrsmitteln, Gütern, Informationen und Energie muss gewährleistet sein. Eine leistungsfähige Mobilitätsinfrastruktur stellt sicher, dass Personen und Güter rasch und verlässlich ihr Ziel finden. Ein konsequenter Ausbau von 5G und Glasfaser verbessert die digitale Erreichbarkeit. Die Energiewende gelingt ohne Mangellage und kosteneffizient. Alles Wunschdenken? Nein, vielmehr Anspruch.

Entfaltung

Raum für Wirken und Wandel bedingt Entfaltungsmöglichkeiten. Unternehmen sind auf stabile, zukunftstaugliche Rahmenbedingungen angewiesen. Unternehmen müssen «unternehmen» können. Visionäre Ideen und unternehmerischer Tatendrang sollen in Produkte, Dienstleistungen und somit letztlich in gesellschaftlichen Nutzen münden – und dürfen nicht verreguliert, verbürokratisiert und veradministriert werden. Dabei geht es nicht nur um die Entschlackung von behördlichen Auflagen und Prozessen, sondern auch um räumliche Ausbau- und Ansiedlungsmöglichkeiten für Unternehmen.

Vernetzung

Die Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft nehmen an Komplexität zu. Starke Partnerschaften, Wissensaustausch und ein gemeinsamer Lösungswille werden zu unabdingbaren Erfolgsfaktoren. Das gilt auf betrieblicher und politischer Ebene gleichermassen. In der Ostschweiz soll der eingeschlagene Weg der überkantonalen Zusammenarbeit fortbeschritten werden, Themenfelder wie Bildung und Gesundheit verlangen nach einem Denken in funktionalen Räumen. Derweil ist die Vernetzung mit Europa als dringliches, wenn nicht als das dringlichste Traktandum auf der nationalen politischen Agenda zu forcieren. Der Marktzugang zu unseren wichtigsten Handelspartnern entscheidet über den Fortbestand von Wohlstand
und Arbeitsplätzen in unserer Region.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Verfallen wir aber nicht der Schwarzmalerei, sondern verstehen wir diese vielfältigen Herausforderungen als Ansporn, sie gemeinsam zu meistern. Hierfür braucht es übergeordnet ein Verständnis der Wirtschaft als gestaltende Kraft. Im Zentrum muss wieder vermehrt der Mensch, die Unternehmung stehen – nicht der Staat oder die Politik. Denn wenn es darum geht, Fortschritte zu erzielen – Fortschritt im Sinne einer Verbesserung gegenüber dem Status quo, nicht lediglich einer Bewahrung des Istzustandes –, dann schlägt nichts die Eigenverantwortung, die Initiative der Unternehmen, die Kreativität des Individuums, den Wettbewerb der Ideen, den Ehrgeiz und den Willen der Einzelnen. In diesem Sinne sind Unternehmen in erster Linie Teil der Lösung.

IHK-Mitglieder im Zentrum des Jubiläums

Ihnen als IHK-Mitglied oder der IHK nahestehender Person brauchen wir dies nicht zu vermitteln. Doch es ist unser aller Aufgabe, die «Wirtschaft» in der Öffentlichkeit wieder vermehrt positiv zu konnotieren. Das Bild der Unternehmen darf nicht von plakativen und tendenziösen politischen Debatten geprägt sein. Wir alle sind gefordert, stattdessen unser tägliches Wirken für die Allgemeinheit aufzuzeigen. IHK-Mitglieder entwickeln Weltneuheiten, bieten Lösungen, schaffen gesellschaftlichen Mehrwert, generieren Arbeitsplätze.
Darauf dürfen wir stolz sein. Unsere Mitgliedunternehmen stehen deshalb im Zentrum des ungewöhnlichen
Jubiläumsjahres. Mit «Raum für Wirken und Wandel» öffnen wir gemeinsam mit Ihnen den Raum und stellen Ihr gestaltendes, positives Wirken in den Vordergrund. Die IHK St.Gallen-Appenzell lanciert eine Kommunikationsoffensive, welche die Vielfalt und die Bedeutung der Ostschweizer Wirtschaft für den hiesigen Lebensraum aufzeigt. Wir verhelfen Ihnen und Ihrem Unternehmen zu Visibilität. Seien auch Sie Teil unserer Jubiläumskampagne «Vielfalt made in Ostschweiz». Über www.ihk.ch/vielfalt laden wir Sie hierzu ein.

Übrigens: Als aufmerksamer Leserin oder aufmerksamem Leser dürfte Ihnen in diesem Artikel eine Ungereimtheit nicht entgangen sein: 1466 plus 555 gibt – genau – 2021. Tatsächlich entschied der IHK-Vorstand angesichts der unberechenbaren Umstände frühzeitig, die Jubiläumsfeierlichkeiten um ein Jahr nach hinten zu verschieben. Der Feierlaune und dem Tatendrang soll dies keinerlei Abbruch tun.

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