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Oberstes Ziel bleibt, eine Energiemangellage zu verhindern

Bundesratsentscheid Energiepreise Oberstes Ziel bleibt, eine Energiemangellage zu verhindern

04. November 2022 | Der Bundesrat beschliesst keine staatlichen Unterstützungsmassnahmen für Unternehmen aufgrund der Energiepreisentwicklung. Die IHK St.Gallen-Appenzell kann diesen Entscheid nachvollziehen, fordert aber Klarheit bei den bestehenden Instrumenten. Weiterhin wichtig bleiben zudem die Spar- und Effizienzmassnahmen in Gesellschaft und Wirtschaft – der übernächste Winter kommt bestimmt.

Die Energiekrise fordert die Ostschweizer Wirtschaft heraus: Die Gefahr einer Gas- oder Stromlücke wird durch die volatile Preisentwicklung an den Energiemärkten verstärkt. Daher befasste sich der Bundesrat an seiner Sitzung vom 2. November mit möglichen Unterstützungsmassnahmen für Unternehmen und beschloss, zunächst keine weiteren Instrumente einzuführen.

Keine kurzfristigen Scheinlösungen

Ohne Zweifel: Die Lage ist unverändert ernst, gerade Grossverbraucher stehen teilweise vor mehrfachen Herausforderungen – die Unsicherheit über die Energieversorgungssicherheit und massiv angestiegene Energiepreise. Dennoch ist der Entscheid des Bundesrats nicht überraschend und aktuell nachvollziehbar. Die hohen Preise sowie die beispiellose Volatilität am Energiemarkt sind Zeichen von Knappheit und Unsicherheit bei der Energieversorgung, aber der Markt funktioniert. Eingriffe in die Preisbildung, die in der Öffentlichkeit und insbesondere in der EU debattiert werden, sind kontraproduktiv. Sie eliminieren die Sparanreize und behindern Investitionen in den Ausbau der Stromproduktion – die wirkungsvollsten Massnahmen, um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen und so die Preise nachhaltig zu senken.

Dasselbe gilt für die Rückkehr in die Grundversorgung für Grossverbraucher, die in den freien Markt gewechselt haben. Denn auch in der Grundversorgung müsste der zusätzliche Strom für diese Unternehmen zunächst beschafft werden, und das zu Marktpreisen. Für die Stromversorger liesse dies drei Optionen: Direkte Weitergabe der Preise an die betroffenen Unternehmen, Verteilung der Preise über mehrere Jahre mittels Kredite oder Preiszuschüsse mit öffentlichen Geldern. Keine dieser Massnahmen würde die Situation der Wirtschaft insgesamt verbessern.

Klarheit bei bestehenden Instrumenten schaffen

Stattdessen soll jenen Unternehmen oder Branchen, die aufgrund der hohen Energiepreise existenzielle Probleme haben, zielgerichtet und mit bewährten Instrumenten geholfen werden. Beispielsweise kann bei jenen Unternehmen, welche die hohen Preise nicht an ihre Kunden weitergeben können, eine temporäre Einstellung der Produktion Sinn ergeben. Dort macht entsprechend auch die Gewährung von Kurzarbeit Sinn, sofern die Situation unverschuldet ist. Dazu braucht es zeitnah eine Präzisierung der Anspruchsberechtigung. Gleichzeitig wären Liquiditätshilfen dann zu prüfen, wenn der private Fremdkapitalmarkt den Bedarf nicht decken kann. Des Weiteren dürfen die gesetzlichen Grundlagen nicht die eigenverantwortliche Vorsorge der Wirtschaft behindern. Die Öffnung der Anspruchsberechtigung für Kurzarbeit im Falle einer Mangellage und insbesondere bei Kontingentierungen ist zwingend.

Mangellage: Aussichten optimistischer, Situation bleibt angespannt

Die Gefahr einer Energiemangellage scheint gemäss der diese Woche vorgestellten Studie des Bundes gemildert: Die Stromversorgungssicherheit der Schweiz im Winter 2022/23 sei demnach nicht gravierend gefährdet, Versorgungsengpässe können aber dennoch nicht ausgeschlossen werden. Die eingeleiteten Massnahmen haben Wirkung gezeigt, nicht zuletzt diejenigen von Wirtschaft und Gesellschaft. Gleichwohl bleibt die Situation angespannt, nicht nur diesen, sondern auch die kommenden Winter. Umso wichtiger bleiben deshalb nach wie vor die Energieeffizienz-, Spar- und Innovationsanstrengungen von Unternehmen und Gesellschaft. «Eine Energiemangellage in der Schweiz ist inakzeptabel – oberste Priorität muss die Verhinderung eines solchen Szenarios haben. Energiekontingentierungen und rotierende Stromabschaltungen kann und darf die Schweiz nicht zulassen», so IHK-Direktor Markus Bänziger. Dazu müssen die Effizienzanstrengungen weiter verstärkt, das Inlandpotenzial der Stromproduktion deutlich besser ausgeschöpft und der Energieaustausch in Europa gesichert werden.

 

Hinweis: Die IHK St.Gallen-Appenzell hat sich im vergangenen August gemeinsam mit der IHK Thurgau mit dem Vademecum «Versorgungssicherheit in Zeiten der Energiewende» ausführlich zum Energiedossier geäussert.