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Grundsätze der Unternehmensführung im Überblick

Corporate-Governance-Codes Grundsätze der Unternehmensführung im Überblick

Fabian Pernstich, Leiter Kommunikation IHK

Wie weit darf der Staat in den freien Markt eingreifen, um wirtschaftlichen Missbrauch über Organisationsstrukturen hinweg zu verhindern? Im Sinne des Unternehmertums sollte dies so wenig wie nötig erfolgen. Ein Erfolgsrezept gegen den Ausbau staatlicher Regulierung sind sogenannte Corporate-Governance-Richtlinien: selbstregulatorische Handlungsempfehlungen, welche sich durch Flexibilität und Praxisnähe auszeichnen.

Corporate Governance regelt das Verhältnis zwischen Aktionären, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Neben Vorgaben zur Führung und Kontrolle eines Unternehmens umfasst dies auch die Rechte und Pflichten einzelner Organe. Diese sind teilweise gesetzlich geregelt («hard law») und oftmals durch Selbstregulierung («soft law») ergänzt. Gesetzliche Regelungen sollten so ausgestaltet werden, dass die Mindestanforderungen für das Verhindern von unternehmerischem Missbrauch gelegt sind. Gleichzeitig müssen diese aber die Freiheit für Unternehmertum gewährleisten, damit eine freie Marktwirtschaft funktionieren kann. Um einem inkrementellen Ausbau staatlicher Regeln vorzubeugen, reguliert sich der Markt oftmals selbst. Hier haben sich in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Corporate-Governance-Grundsätze und Richtlinien durchgesetzt, welche mit ihrem Empfehlungscharakter flexibel und differenziert angewendet werden können. Wir haben Ihnen die wichtigsten dieser Leitfäden zusammengefasst.

Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance

2002 wurde der «Swiss Code» von economiesuisse ins Leben gerufen. Präsident damals: Ueli Forster, Mitbegründer der Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell. Der «Swiss Code» ist der am weitesten verbreitete Leitfaden für Corporate Governance in der Schweiz, da sich dieser an den Gegebenheiten unserer Wirtschaftsstruktur und Gesetze orientiert. Als das Regelwerk für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen ist er ein Musterbeispiel für gelungene Selbstregulierung. Der «Swiss Code» wendet sich im Sinne von Empfehlungen und unter Anwendung des «Comply or Explain»-Prinzips an schweizerische Publikumsgesellschaften. Sieht eine Unternehmung von der Offenlegung bestimmter Informationen ab, so ist dies im Corporate-Governance-Bericht zu begründen. Unter anderem beschreibt der «Swiss Code» Merkmale, Rechte und Pflichten der Unternehmensorgane. Des Weiteren werden Empfehlungen für externe Prüfungen und Vergütungen an die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat ausgesprochen. Zu Beginn des Jahres 2023 erschien eine revidierte Auflage, welche mit Elementen der Nachhaltigkeit und des angepassten Aktienrechts angereichert wurde.

Den Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance finden Sie hier

Best Practice im KMU (BP-KMU)

KMU sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie stellen in der Ostschweiz zwei Drittel der Arbeitsplätze. Die BP-KMU spricht ebendiese an und beinhaltet Empfehlungen zur Führung und Aufsicht von kleinen und mittleren Unternehmen. Herausgegeben wird diese vom Center for Corporate Governance der Universität St.Gallen (IFPM-HSG). Das zwölfseitige Dokument versteht sich als «griffiges und einfaches Führungsinstrument», welches den Lesenden als Mittel zur Reflexion dienen soll. Wie beim «Swiss Code» sollen Abweichungen vom Standard vernünftig begründet werden. Gegliedert ist die BP-KMU in vier Dimensionen (situativ, strategisch, integrativ, Kontrolle), welche eine möglichst praxisnahe Anwendung auch für Kleinst- und Familienunternehmen ermöglichen sollen.

Die Best Practice im KMU finden Sie hier

G20-/OECD-Grundsätze der Corporate Governance

Anders als der «Swiss Code» und die BP-KMU richten sich die OECD-Grundsätze nicht nur an Unternehmer, sondern auch an nationale Gesetzgeber und Marktteilnehmer im Allgemeinen. Wie das breite Feld an Zielgruppen erahnen lässt, ist das Regelwerk umfassender ausgerichtet. Es beinhaltet unter anderem Prinzipien zur Sicherung der Grundlagen eines effektiven Corporate-Governance-Rahmens, zum Schutz der Aktionärsrechte, zur Schaffung von vernünftigen Anreizstrukturen für alle Marktteilnehmer sowie zur Offenlegung und Transparenz von Unternehmen. Ihre internationale Ausrichtung erfordert eine möglichst offene Formulierung und ersetzt somit national orientierte Corporate-Governance-Richtlinien nicht.

Die G20-/OECD-Grundsätze der Corporate Governance finden Sie hier

UK Corporate Governance Code

Der UK Corporate Governance Code hat seine Ursprünge bereits im Jahr 1992 und kann als die weltweite Benchmark für andere Corporate-Governance-Codes angesehen werden. Dementsprechend ähnelt er dem «Swiss Code» in Struktur und im Grundsatz «Comply or Explain». Der UK Code richtet sich an Publikumsgesellschaften, welche an der Londoner Börse kotiert sind. Seine neuste Fassung aus dem Jahr 2018 legt die Prinzipien und Bestimmungen mit dem Ziel eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums Grossbritanniens aus.

Den UK Corporate Governance Code finden Sie hier