Sie sind hier

Zweimal Nein national, zweimal Ja kantonal

IHK-Parolen Volksabstimmungen 29. November 2020 Zweimal Nein national, zweimal Ja kantonal

Abstimmungen vom 29. November 2020
03. November 2020 | Die IHK St.Gallen-Appenzell empfiehlt am 29. November ein Nein zur Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten». Die vorgesehenen Massnahmen holen zum Rundumschlag aus: Mit weitreichenden Regulierungen belasten sie die Unabhängigkeit unserer Vorsorgewerke und der Nationalbank. Vor allem aber zielt die Initiative im Gegensatz zur geltenden, funktionierenden Gesetzgebung pauschal auf Unternehmen statt auf bestimmte Güter. Den internationalen Handel mit Rüstungsgütern vermag sie indes nicht zu ändern. Die beiden kantonalen Vorlagen in St.Gallen empfiehlt die IHK derweil zur Annahme.

Am 29. November stimmt das Schweizer Stimmvolk über zwei eidgenössische Vorlagen und in St.Gallen über zwei kantonale Vorlagen ab. Bereits im Vorfeld kommunizierte die Industrie- und Handelskammer (IHK) St.Gallen-Appenzell ihr entschiedenes Nein zur Konzernverantwortungsinitiative. Aus ähnlichen Gründen lehnt die IHK auch die zweite nationale Abstimmungsvorlage vom 29. November ab: Die vorgesehenen Massnahmen schiessen am berechtigten Anliegen vorbei.

Nein zum Finanzierungsverbot von Kriegsmaterialproduzenten

Die Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» hegt ehrbare Ziele: Fluchtursachen bekämpfen, Frieden fördern, Neutralität schützen und die Voraussetzungen für eine glaubwürdige Sicherheits- und Aussenpolitik erhalten. Durch die sehr breite Formulierung und eine mangelnde Wirkungskraft ist sie aber kein geeignetes Mittel für die Verfolgung dieser Ziele. Die Initiative trifft all jene Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes in irgendeiner Form von Rüstung oder Rüstungskomponenten erwirtschaften. Dazu gehören auch jene Zulieferbetriebe, die einen Bruchteil ihres Umsatzes mit Einzelteilen oder Baugruppen für Rüstungsfirmen erzielen. Denn: Durch das Verbot der Herstellerfinanzierung wäre das Unternehmen als Ganzes betroffen – dies im Gegensatz zur bestehenden und funktionierenden Gesetzgebung, die Produktion, Handel und Finanzierung des eigentlichen Kriegsmaterials regelt. Gleichzeitig verunmöglicht das Verbot den Pensionskassen, dem Ausgleichsfonds der AHV/IV/EO sowie der Nationalbank breit diversifizierte Anlagestrategien und eigenverantwortliche Anlagegrundsätze. Auf internationaler Ebene sind zudem keine vergleichbaren Regulierungsbestrebungen zu erwarten. Eine Annahme der Vorlage würde den internationalen Handel mit Rüstungsgütern somit nicht verändern, sondern nur der Schweiz schaden.

Ja zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die IHK spricht sich für das Gesetz über Beiträge für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung aus. Damit werden die zusätzlichen Steuereinnahmen aus den Familienzulagen, die dieses Jahr um 30 Franken erhöht wurden, in die familien- und schulergänzende Betreuung investiert. Ziel ist es, ein gutes und bezahlbares Angebot der externen Kinderbetreuung im ganzen Kanton zu fördern, wobei die zusätzlichen Gelder den betroffenen Familien zugutekommen. Die Beiträge werden dabei mit einem unbürokratischen Schlüssel an die Gemeinden verteilt. Weil die Erhöhung der Familienzulagen als Ausgleichsmassnahme zur Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) bereits umgesetzt ist, belasten diese Massnahmen den kantonalen Staatshaushalt nicht zusätzlich.

Wie die IHK St.Gallen-Appenzell an der Veranstaltung «Zukunft Ostschweiz» im November 2019 aufgezeigt hat, besteht im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor Handlungsbedarf. Mit dieser zielgerichteten Massnahme kann dazu beigetragen werden, dass im Kanton St.Gallen ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzender Kinderbetreuung gefördert wird.

Unterstützung für die Wirtschaft während der Pandemie

Die IHK St.Gallen-Appenzell empfiehlt auch das Gesetz über die Gewährung von ergänzenden Krediten und Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus zur Annahme. Im Rahmen der Corona-bedingten finanziellen Herausforderungen für Unternehmen hat der Kanton St.Gallen im April 2020 Unterstützungsmassnahmen zuhanden der Unternehmen beschlossen. Diese kantonalen Massnahmen stellten eine zielgerichtete Ergänzung zu den Massnahmen des Bundes dar. Namentlich wurden damit Härtefälle bei KMU und Selbständigerwerbenden abgefedert sowie eine Sonderlösung für den Finanzierungsbedarf von Start-ups geschaffen. Dadurch konnten Konkurse von eigentlich gesunden Unternehmen vermieden und Arbeitsplätze gesichert werden. Das kantonale Engagement war zielgerichtet und belastet den Kantonshaushalt vorderhand nicht: Mit den gesprochenen Mitteln wurde für Kredite zuhanden der Unternehmen gebürgt, auf A-fonds-perdu-Beiträge hat der Kanton bewusst verzichtet. In dieser ausserordentlichen Situation waren die getroffenen Massnahmen daher im Sinne der Ostschweizer Wirtschaft, weshalb sich die IHK bereits im Frühjahr klar hinter die von der St.Galler Regierung beschlossenen Massnahmen stellte.

Diese Beiträge könnten
Sie ebenfalls interessieren: