Konjunkturforum «Zukunft Ostschweiz» 2018
Die Ostschweiz ist softurban
Visionen für die weitere Entwicklung der «Softurbane Ostschweiz».
18. November 2018
Die Kernregion Ostschweiz braucht eine gemeinsame Vision und eine positive Story. Mit der Zukunftsagenda wurde am Konjunkturforum der IHK St.Gallen-Appenzell und der St.Galler Kantonalbank eine solche Vision für die weitere Entwicklung unserer Region präsentiert. Eingeführt wurde dabei der Ausdruck «Softurbane Ostschweiz». Dieser bedeutet eine durch Weltoffenheit, Zukunftsglauben und Veränderungsbereitschaft charakterisierte Haltung mit einem Lebensraum, der eine grössere Vielfalt zulässt als die Dichte städtischer Zentren. Der erste Teil der Veranstaltung widmete sich der erfreulichen Wirtschaftslage, die jedoch von etwas eingetrübten Aussichten begleitet wird.
«Zukunft Ostschweiz», das gemeinsam von der IHK St.Gallen-Appenzell und der St.Galler Kantonalbank organisierte Konjunkturforum, ist für viele Ostschweizer Entscheidungsträgerinnen und -träger ein Fixpunkt in der Agenda. Auch dieses Jahr folgten gegen 1000 Teilnehmende der Einladung, um die aktuellen Konjunkturtrends und die neusten wirtschaftspolitischen Vorschläge zu erfahren: Präsentiert wurde eine Zukunftsagenda für die Ostschweiz. Sie stellt einen Masterplan für die weitere Entwicklung der Kernregion Ostschweiz als Lebensraum und Wirtschaftsstandort vor. Sabine Bianchi und der neue IHK-Direktor Markus Bänziger führten als Moderatorengespann durch den Abend.
Höhenflug wird etwas gebremst
Die Schweizer Wirtschaft befindet sich zurzeit im Höhenflug, allerdings lässt der Optimismus bezüglich der weiteren Entwicklung etwas nach, wie der erste Teil von «Zukunft Ostschweiz» deutlich machte. Gemäss Jan-Egbert Sturm, Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, sind grosse regionale Unterschiede festzustellen: Während sich die Geschäftslage im Vergleich zum Vorjahr vor allem in der Zentralschweiz deutlich verbessert hat, wird die Geschäftslage in der Ostschweiz vor allem in der Industrie eher schlechter beurteilt.
Abkühlung in der Industrie erwartet
Nach dem Inputreferat von Jan-Egbert Sturm wurde in Kurzinterviews die Situation verschiedener Branchen beleuchtet. Während Peter Eisenhut von der ecopol ag jeweils eine kurze Einschätzung lieferte, berichteten Claudia Gietz Viehweger (Industrie), Peter Hochuli (Bau), Ivo Dietsche (Einzelhandel) und Albert Koller (Banken und andere Dienstleister) von ihren Erfahrungen im Unternehmen. Die Industrie spüre die Abschwächung des Wachstums in der Eurozone, insbesondere in Deutschland. Auftragsbestand und Ertragslage lassen nach – dementsprechend liegen zurzeit die Geschäftserwartungen deutlich unter der aktuellen Geschäftslage. In der Bauwirtschaft ist man mit Geschäftslage und Auftragsbestand weiterhin zufrieden, allerdings wird im kommenden Jahr eine Stagnation erwartet.
Der Detailhandel hat seit einigen Jahren Mühe, gerade auch das letzte Quartal verlief enttäuschend. Dank der soliden Einkommensentwicklung der privaten Haushalte sind die Detailhändler für das kommende Jahr dennoch zuversichtlich. Der Bankensektor ist weiterhin durch die äusserst tiefen Zinsen geprägt.
Megatrends als Chance nutzen
Im zweiten Veranstaltungsteil wurde eine Zukunftsagenda für die Ostschweiz präsentiert. Die beiden IHK-Präsidenten Roland Ledergerber (St.Gallen-Appenzell) und Christian Neuweiler (Thurgau) skizzierten auf der Bühne, was sie mit der Zukunftsagenda vorhaben: Sie stellt einen Masterplan für eine starke Ostschweiz dar und definiert eine Strategie, klar definierte Schwerpunkte und wichtige Schlüsselprojekte. «Wir können nur dann erfolgreich sein, wenn wir die langfristig wirkenden Megatrends Digitalisierung, Globalisierung, Urbanisierung und gesellschaftlicher Wandel mit einer nachhaltigen Optik angehen», erklärt Ledergerber. Diese Megatrends bieten Chancen für eine Region wie unsere. Denn als Grenzregion sind wir seit jeher im Export und im internationalen Handel tätig. «Wir sind deshalb nach aussen orientiert und sind fähig, uns im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Unsere Unternehmer und Unternehmen sind sich gewohnt, globale Veränderungen zu antizipieren», sagt Ledergerber.
Softurbane Ostschweiz
Um diese Vision in der ganzen Kernregion Ostschweiz (Kantone St.Gallen, Thurgau und beide Appenzell) zu verfolgen, braucht es ein gemeinsames Verständnis über das Verbindende. Denn bei allen regionalen Unterschieden innerhalb der Ostschweiz, verbindet uns zum einen ein vielfältiger Lebensraum und zum anderen eine durch Weltoffenheit, Zukunftsglauben und Veränderungsbereitschaft charakterisierte urbane Haltung – die IHK verwendet für diese Kombination die Wortschöpfung «Softurbane Ostschweiz».
Die daraus abgeleitete Vision lautet, die bevorzugte Region als Wohnort, Arbeitsort und Unternehmensstandort zu werden. Denn als softurbaner Raum bietet die Ostschweiz die Möglichkeit zur individuelleren Lebensgestaltung mit urbanen Qualitäten, zur Arbeit an intelligenten und digital vernetzten Produkten und Dienstleistungen und damit auch ein ausgezeichnetes Mitarbeiter-Potenzial und funktionierende, wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen.
Ostschweiz heisst Vielfalt
In der Ostschweiz gibt es jedoch nicht einen softurbanen Raum, sondern fünf softurbane Teilregionen. Die Grenzen zwischen diesen Teilregionen sind fliessend und je nach Lebensbereich unterschiedlich. Die einzelnen Teilregionen verbindet die gemeinsame Vision. Bei deren Umsetzung dagegen stehen die Weiterentwicklung der regionalen Alleinstellungsmerkmale und deren innere Ausdifferenzierung im Vordergrund. «Mit Blick auf die Effizienz und die Effektivität der staatlichen Leistungserbringung führt dabei kein Weg an einer echten interkantonalen und interregionalen Zusammenarbeit vorbei», findet Christian Neuweiler.
Schlüsselprojekte gemeinsam verfolgen
Die Visionen im Bereich Wohnort, Arbeitsort und Unternehmensstandort wurden in Kurzinterviews mit Michael Artho, Philipp Langenegger, Regina Butenberg, Roger Dudler, Mirko Lehmann und Andrea Ruf vertieft und so mit Leben gefüllt.
Abschliessend erklärte Markus Bänziger, wie die Zukunftsagenda konkret angegangen werden soll. Für die Kernregion Ostschweiz wurden Schlüsselprojekte in sechs Bereichen definiert: Bildung, digitale Kompetenzen, innovationsfreundliches Umfeld, Unterstützung gesellschaftlicher Wandel, Konkurrenzfähigkeit im Standortwettbewerb und Verkehrseinbindung. «Die Schlüsselprojekte müssen von allen Beteiligten auf regionaler und kantonaler Ebene sowie in Bundesbern überzeugend und mit Überzeugung verfolgt werden», so Bänziger.
Verabschiedung von Kurt Weigelt und Diana Rausch
Zum Abschluss wurde Kurt Weigelt geehrt und offiziell verabschiedet. Er hat die IHK St.Gallen-Appenzell knapp zwölf Jahre als Direktor geführt und geprägt. Bei der Laudatio von Roland Ledergerber und auch bei Videoeinspielern diverser Ostschweizer Prominenten und Weggefährten wurde deutlich, wieviel Kurt Weigelt für die IHK aber auch für die Ostschweiz geleistet hat.
Ebenfalls verabschiedet und verdankt wurde Diana Rausch, die die IHK ebenfalls während vielen Jahren in ihrer Funktion als Gastgeberin mitgeprägt hat.
Impressionen
Zukunft Ostschweiz wurde ermöglicht durch