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Wie sich Geschäftsmodelle verändern

Rückblick auf das fünfte EcoOst-Symposium Wie sich Geschäftsmodelle verändern

«What’s new? Geschäftsmodelle im Wandel» stand im Zentrum des fünften EcoOst-Symposiums. Während HSG-Professor Oliver Gassmann die wissenschaftliche Basis lieferte, vertieften drei Persönlichkeiten aus der Wirtschaft das Thema aus ihrer jeweiligen Branchen- respektive Unternehmenssicht. Für Roland Ledergerber (St.Galler Kantonalbank) ist eine schrittweise Transformation der richtige Weg, um auf die Herausforderungen im Bankengeschäft zu reagieren. Walter Oberhänsli (Zur Rose Group) sieht die Zukunft im Omni-Channel, wo ein Produkt online bestellt aber vor Ort abgeholt wird oder umgekehrt. Zeno Böhm (Burkhalter Gruppe) wiederum hat aufgezeigt, wie sich mit einer dezentralen Führungsorganisation lokale Verankerung und schweizweite Kompetenz kombinieren lässt.

Digitalisierung – ein Begriff, der omnipräsent ist und den einige schon fast nicht mehr hören können. Aber man kann es drehen und wenden wie man will: Die Digitalisierung verändert Gesellschaft und Wirtschaft fundamental und hat die Kraft, lange Zeit bestens funktionierende Geschäftsmodelle zu zertrümmern. Auch beim diesjährigen EcoOst-Symposium wurde dies deutlich. HSG-Professor Oliver Gassmann, seit 2008 Direktor des Instituts für Technologiemanagement, lieferte im ersten Referat die wissenschaftlichen Grundlagen zum Tagungsthema. Er erklärte, dass ein Geschäftsmodell Antworten auf vier grundlegende Fragen liefern muss: Wer ist unser Zielkunde? Was bieten wir ihm? Wie erbringen wir die Leistung und wie stellen wir diese her? Und wie wird Wert erzielt?

Grosser Einfluss auf Wettbewerbsvorteil

Von einer Geschäftsmodellinnovation spricht man gemäss Gassmann dann, wenn sich mindestens zwei dieser vier Antworten deutlich verändern. 90% der Geschäftsmodellinnovationen seien allerdings Rekombinationen des Bisherigen. Das Neu- oder Weiterentwickeln von Geschäftsmodellen sei denn auch keine Kunst, sondern ein Handwerk, aber für den langfristigen Unternehmenserfolg entscheidend. Manager seien zwar grundsätzlich überzeugt, dass Geschäftsmodellinnovationen einen grösseren Einfluss auf den Wettbewerbsvorteil haben als Produkt- oder Prozessinnovationen. Trotzdem werde in den Unternehmen oft zu wenig auf die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen geachtet. Um diesen Wandel zuzulassen, brauche es die entsprechende Unternehmenskultur.

Balance zwischen Anpassung und Kontinuität

Die im Einstiegsreferat gelegte wissenschaftliche Basis wurde durch drei Referate aus der unternehmerischen Praxis vertieft. Roland Ledergerber, CEO der St.Galler Kantonalbank, machte eine Auslegeordnung der Bankenbranche in der Schweiz. Durch Regulierung, Negativzinsen und Digitalisierung seien die Margen gesunken und Kosten sowie Risiken gestiegen. Die Konsolidierung am Schweizer Bankenmarkt sei in vollem Gang. Doch wie reagiert man als Bank auf diese veränderten Bedingungen? Für Roland Ledergerber ist eine «disruptive» Bank – eine Bank ohne Niederlassungen, ohne Gebühren, ohne Backoffice oder ohne Berater – keine Lösung. Die zentralen Differenzierungsfaktoren einer Bank bleiben Vertrauen, Sicherheit und Verlässlichkeit. Es brauche deshalb eine Balance zwischen Anpassung und Kontinuität. Die schrittweise Transformation erlaube es, die Vertrauensbasis zu erhalten und gleichzeitig die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.

Spielregeln verändern

Die Zur Rose Gruppe aus Frauenfeld ist ein gutes Beispiel für Geschäftsmodellinnovation: Sie ist Europas grösste Versandapotheke und eine der führenden Ärztegrossistinnen der Schweiz. Gründer und CEO Walter Oberhänsli stellt fest, dass der generelle Trend zu E-Commerce auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt macht. Heute reiche es nicht mehr, ein Produkt von A nach B zu senden oder es im stationären Geschäft anzubieten, ist Oberhänsli überzeugt. Die Zukunft liege im Omni-Channel. Gemeint ist damit das kanalübergreifende Einkaufen: Online bestellen und in der Apotheke abholen – oder umgekehrt. Um diesem Kundenbedürfnis zu begegnen, baut die Zur Rose Gruppe ihre stationäre Präsenz in der Schweiz zusammen mit der Migros weiter aus.

Lokales Unternehmertum, schweizweite Kompetenz

Eine ganz andere Geschäftsmodellinnovation hat die Burkhalter Gruppe umgesetzt. Sie besteht aus 45 operativen Gesellschaften, die weitgehend autonom geführt sind und an knapp 100 Standorten in der ganzen Schweiz Elektronik-Leistungen am Bauwerk erbringen. CFO Zeno Böhm brachte das Geschäftsmodell mit «lokale Auftragsabwicklung, regionales Know-how und schweizweite Kompetenz» auf den Punkt. Durch die Eigenständigkeit der lokalen Gesellschaften können sich diese optimal an die geografisch und kulturell unterschiedlichen Strukturen anpassen und auf eine starke Kundenbindung zählen. Gleichzeitig ist es den einzelnen Gesellschaften möglich, Fachwissen aus den regionalen Kompetenzzentren zu beziehen das lokal nicht vorhanden wäre.

Podiumsgespräche und Stimmakrobatik

Unter der Leitung von Moderatorin Sabine Bianchi vertieften die vier Referenten in zwei Podiumsgesprächen die Tagungsthemen. Martin O. sorgte während des ganzen Nachmittags immer wieder für musikalische Highlights. Mit seinem Symphonium sorgte er nicht nur für grossartige Stimmung, sondern lieferte dazu noch eine humorvolle Zusammenfassung der Inhalte der Referate. Mit einem EcoOst-Buffet mit Ostschweizer Spezialitäten und vielen Netzwerkmöglichkeiten wurde der Anlass beendet.

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