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Ostschweizer Schiedsordnung hat sich im «Alltag» bewährt

Ergänzung zur staatlichen Gerichtsbarkeit Ostschweizer Schiedsordnung hat sich im «Alltag» bewährt

Adrian Rufener, Rechtsanwalt / Geschäftsführer St.Galler Schiedsordnung

Die Stiftung Ostschweizer Schiedsordnung (früher: St. Galler Schiedsordnung) feierte 2019 ihr zehnjähriges Bestehen. Ziel ist es, den Unternehmen die Möglichkeit eines institutionalisierten Schiedsgerichtsverfahrens zur Verfügung zu stellen. Die Ostschweizer Schiedsordnung weist gegenüber anderen Schiedsordnungen verschiedene Besonderheiten auf wie ein umfassendes Qualitätssicherungssystem. Das Schiedsverfahren hat verschiedene Vorteile – unter anderem die Vertraulichkeit.

 

Im Dezember 2008 wurde vom St. Galler Anwaltsverband die Stiftung St. Galler Schiedsordnung (im Januar 2020 in Ostschweizer Schiedsordnung umbenannt) gegründet und der Stiftungsrat bestellt. Im Mai 2009 nahm die Stiftung ihre ­Tätigkeit auf. Ziel der Stiftung ist es, den ­Unternehmen in der Ostschweiz eine Schieds­ordnung für ein institutionalisiertes Schiedsgerichtsverfahren zur Verfügung zu stellen. Die Ostschweizer Schiedsordnung (OSTSO) weist gegenüber den gängigen Schiedsordnungen diverse Besonderheiten auf, welche sich in über zehn Jahren bewährt haben.

Besonderheiten der OSTSO

Gegenüber den gängigen Schiedsordnungen weist die OSTSO im Wesentlichen drei Besonderheiten auf. Erstens besteht ein umfassendes Qualitätssicherungssystem, welches sich über die Auswahl der Schiedsrichter, das Verfahren und die Verfahrensabwicklung erstreckt. Zudem wird nach Beendigung ­eines jeden Verfahrens von den Beteiligten (Parteien und beteiligte Schiedsrichter) ein Feedback eingeholt. Zweitens ist die Schieds­ordnung auf eine möglichst kurze Verfahrensdauer ausgelegt. Der dritte Punkt ist Transparenz. Bei anderen institutionalisierten Schiedsgerichten haben die Parteien keinerlei Anhaltspunkte darüber, wer als Schiedsrichter bestellt wird. Demgegenüber verfügt die OSTO über eine im Internet abrufbare Liste der zugelassenen Schiedsrichter. Soll auf Antrag einer Partei eine weitere Person als Schiedsrichter zugelassen werden, so hat diese das ordentliche Bewerbungs- und Bestellungsverfahren zu durchlaufen.

Bisherige Erfahrungen

Seit 2009 wurden einige Schiedsverfahren abgewickelt. Ein Teil der Verfahren wurde gestützt auf eine vertraglich vereinbarte Schiedsklausel eingeleitet. In den übrigen Fällen einigten sich die Parteien ad hoc darauf, ein Schiedsverfahren nach OSTSO durchzuführen. In einigen Fällen wählten die Parteien einen Einzelschiedsrichter. In anderen Verfahren wurden Dreier-Schiedsgerichte bestellt.

Konkurrenz für staatliche Gerichte

Im Vorfeld der Schaffung der OSTSO wurde seitens der St. Galler Justiz teilweise die Befürchtung geäussert, die OSTSO könnte die staatlichen Gerichte konkurrenzieren. Diese Befürchtung hat sich nicht bestätigt. Vielmehr hat sich gezeigt, dass die Parteien in ausgewählten Fragestellungen die Durchführung eines Schiedsverfahrens nach OSTSO gewählt haben. Damit hat sich die Arbeitshypothese des St. Galler Anwaltsverbandes, welcher die OSTSO ins Leben gerufen hat, bestätigt. Die Schiedsordnung stellt eine Ergänzung zur staatlichen Gerichtsbarkeit in ausgewählten Fragestellungen dar.

Geeignete Fallkonstellationen für Schiedsverfahren

Mit Ausnahme eines Falles, welcher die Auslegung von allgemeinen Versicherungsbedingungen betraf, wurde das Schiedsverfahren zur Bereinigung von Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen, ehemaligen Geschäftspartnern, beziehungsweise der öffentlichen Hand und Unternehmen aus Liefer- und / oder Zusammenarbeitsverträgen gewählt. Im Wesentlichen galt es die Auslegung von Vertragsklauseln zu klären. Dabei dürfte das Schiedsverfahren vor allem auch deshalb gewählt worden sein, weil dieses vertraulich ist: Anders als bei den staatlichen Gerichten werden die Schiedsurteile nicht – auch nicht in anonymisierter Form – publiziert.

Weitere Informationen

https://www.ostso.ch/