Schweiz-EU
Schweiz will stabile Beziehungen mit den Nachbarn
Erfreulich klares Nein zur Kündigungsinitiative – Ein starkes Zeichen für eine stabile Beziehung mit der EU
27. September 2020
Mit dem deutlichen Nein zur Kündigungsinitiative setzt das Schweizer Stimmvolk ein starkes Zeichen für stabile Beziehungen mit der EU. Die IHK St.Gallen-Appenzell zeigt sich hocherfreut über das klare Bekenntnis zum bilateralen Weg, das gleichzeitig auch ein Ja zu Wohlstand, Innovation und gemeinsamen Lösungen ist. Die Abstimmungsresultate zu den beiden familienpolitischen Vorlagen werden als verpasste Chance bewertet.
Das Nein zur Kündigungsinitiative zeigt, dass das Schweizer Volk die funktionierenden Beziehungen zur EU gerade in unsicheren Zeiten nicht aufs Spiel setzen will. Die beiden Industrie- und Handelskammern (IHK) St.Gallen-Appenzell und Thurgau hatten im Vorfeld eindringlich vor einer Annahme der Initiative gewarnt und sich erstmals mit einer gemeinsamen Kampagne engagiert. Ein Ja hätte den bilateralen Weg mit der EU auf einen Schlag beendet, was sich wiederum massiv negativ auf Wohlstand, Freiheit und Fortschritt ausgewirkt hätte. Insbesondere die stark exportorientierte Ostschweiz hätte unter der Beendigung des Bilateralen Wegs gelitten, wie eine IHK-Studie aufzeigte.
Stabile bilaterale Beziehungen mit der EU bestärken
Umso grösser ist nun die Erleichterung, dass das Resultat so deutlich ausgefallen ist. «Wir deuten dies als Zeichen, dass die Bevölkerung den Wert des bilateralen Wegs erkennt, diesen stärken und in die Zukunft führen möchte», beurteilt IHK-Direktor Markus Bänziger das Abstimmungsresultat. Dieser bilaterale Weg ermöglicht der Schweiz den unverzichtbaren Zugang zum EU-Binnenmarkt, von welchem pro Kopf kein anderes Land – EU-Mitglieder eingeschlossen – vergleichbar stark profitiert. «Wir tun also gut daran, dem ‘Sonderfall Schweiz’ langfristig Sorge zu tragen», so Bänziger. Dazu gehöre, nach der Ablehnung dieser rückwärtsgewandten Initiative den Fokus umgehend auf die Zukunft zu richten und insbesondere das Rahmenabkommen-Dossier rasch wieder aufzunehmen.
Vaterschaftsurlaub in zeitgemässe Elternzeit überführen
Das Ja zum Vaterschaftsurlaub nimmt die IHK St.Gallen-Appenzell als eine verpasste Chance des Parlaments wahr. Das grundsätzliche Ansinnen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, ist aus Sicht der Wirtschaft unterstützenswert. Die IHK zeigt sich jedoch befremdet, dass nun für eine kaum zielführende Vorlage Lohnkosten erhöht und die unternehmerischen Freiheiten beschnitten werden. «Weder zum erleichterten Wiedereinstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt noch zur Ermöglichung von individuellen Lösungen kann der Vaterschaftsurlaub wesentlich beitragen», kommentiert Bänziger das Abstimmungsresultat. Im Gegenteil: Der Vaterschaftsurlaub verunmögliche bis auf Weiteres die Einführung einer flexibel einteilbaren, 16-wöchigen Elternzeit. Eine solche wäre zielführend, um traditionelle Rollenbilder zu brechen, die Chancengleichheit zu erhöhen und so die Arbeitsmarktpartizipation zu steigern. Dass sich das Parlament dieser Lösung verschloss und das Volk lediglich über einen Vaterschaftsurlaub abstimmen liess, ist aus Sicht der IHK bedauerlich. Nun gilt es, eine Überführung des Vaterschaftsurlaubs in eine Elternzeit anzustreben.
Steuerliche Abzüge für Kinderdrittbetreuung als wirksames Instrument vorantreiben
Auch der negative Ausgang zur Gesetzesrevision zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten ist entgegen der IHK-Parole ausgefallen, aber so zu akzeptieren. Mit dem Einbezug der Erhöhung von allgemeinen Kinderabzügen in die Vorlage wurde der Bogen offensichtlich überspannt. Aus Sicht der IHK ist es aber unbestritten, dass die verstärkte steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten positive Erwerbsanreize für Eltern geschaffen hätte. Diesen Teil der Initiative gilt es deshalb rasch wieder aufzunehmen.