Schweiz-EU

Mit Rahmenvertrag den bilateralen Königsweg fortführen

Eine Zusammenfassung der EcoOst-Schriftenreihe zum Rahmenabkommen mit der EU

01. Oktober 2020

Mit der deutlichen Ablehnung der Kündigungsinitiative setzte das Schweizer Stimmvolk am vergangenen Sonntag ein Fanal für den bilateralen Weg mit der EU. Doch dieser droht ohne institutionellen Rahmen zu erodieren. Auf Basis eines fachlich fundierten und umfassenden Positionierungsprozesses stellen sich die Vorstandsgremien der beiden Industrie- und Handelskammern St.Gallen-Appenzell und Thurgau nun im Grundsatz hinter das Rahmenabkommen mit der EU.

Wollen wir die bilateralen Beziehungen zur Europäischen Union aufrechterhalten? Es war eine denkwürdige, wegweisende Frage, der sich das Schweizer Stimmvolk am vergangenen Sonntag stellte. Einmal mehr, ist man geneigt zu sagen. Und einmal mehr hat sich die Stimmbevölkerung klar zum bilateralen Weg bekannt.

EcoOst-Schriftenreihe zum Rahmenabkommen 

Mit der EcoOst-Publikation «Das institutionelle Abkommen Schweiz-EU: Ein Vademecum zum Verhältnis mit unserer grossen Nachbarin» leiteten die beiden Industrie- und Handelskammern St.Gallen-Appenzell und Thurgau im Herbst 2020 ihre gemeinsamen Positionen zu einzelnen Teilaspekten des Abkommens-Entwurfs her. Die Schriftenreihe soll den Mitgliedern und einer breiten Öffentlichkeit als Nachschlagewerk in diesem komplexen Dossier dienen, sie zu einer detaillierten Befassung mit dem Verhandlungsresultat einladen und auf eine Reise zum Verhältnis mit unserer grossen Nachbarin nehmen.

Bilateraler Weg droht zu erodieren

Doch dieser Weg und die zugrundeliegenden Verträge sind nicht in Stein gemeisselt. Während sich das regulatorische, wirtschaftliche und politische Umfeld in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig weiterentwickelt hat, kennen die bilateralen Abkommen keinen Mechanismus, der es erlaubt, die regulatorischen Neuerungen dynamisch – das heisst unkompliziert, zügig und in einem formalisierten und transparenten Verfahren – in das bilaterale Recht aufzunehmen. Bestehende sektorielle Marktzugangsabkommen drohen ohne institutionellen Rahmen zu erodieren, neue wie das dringend notwendige Stromabkommen sind so gut wie ausgeschlossen. Die Schweiz läuft Gefahr, sich schleichend von Europa abzumelden.

Mit fachlich fundiertem Prozess zu gemeinsamer Position

Aus diesem Grund strebt der Bundesrat ein institutionelles Abkommen mit der EU an. Ein Entwurf dazu liegt bekanntlich vor. Die Vorstände der beiden Industrie- und Handelskammern St.Gallen-Appenzell und Thurgau haben sich gemeinsam in einem umfassenden Prozess und in zwei Workshops unter Beizug von Fachexperten vertieft damit auseinandergesetzt. Gegenstand der internen Debatte waren die Auswirkungen eines Rahmenvertrags auf zentrale Dimensionen – Marktzugang, Rechtssicherheit, Arbeitsmarkt, Lohnschutz, Souveränität, Angst vor Überfremdung, Fokus politischer Energie –, aber auch grundsätzlich die Beziehungen zur EU sowie mögliche Alternativen zu einem institutionellen Abkommen.

Rasches Vorgehen gefordert

Die Schlussfolgerungen sind für die beiden Vorstände eindeutig. Sie sind überzeugt: Das ausgehandelte institutionelle Abkommen soll, kann und wird dazu beitragen, die heutigen wohlstandsbildenden bilateralen Marktzugangsabkommen zu sichern und für die Zukunft zu rüsten – wiewohl in Fragen zur Unionsbürgerrichtlinie und zu den staatlichen Beihilfen Präzisierungen notwendig sind. Damit das Rahmenabkommen möglichst rasch ins Parlament gelangt, fordern die beiden Ostschweizer Handelskammern deshalb eine zügige und zielgerichtete Klärung der strittigen Punkte. Vom Bundesrat erwarten sie ein klares Bekenntnis zum bilateralen Weg und damit auch zum institutionellen Abkommen sowie eine transparente Kommunikation.

Zugang zum europäischen Binnenmarkt

Das institutionelle Abkommen Schweiz-EU auf dem Prüfstand