Zwischen Kontinuität und Wandel
Konstant im Wandel
Wie drei Ostschweizer Unternehmen den Kurs zwischen Tradition und Innovation einschlagen
20. September 2024, Markus Bänziger und Patrick Louis
Für Unternehmen in der heutigen Zeit bedeutet eine schwer navigierbare Welt die Notwendigkeit des steten Wandels. Neue Technologien, globale Märkte und ständig wechselnde Konsumtrends fordern die Unternehmen auch in der Ostschweiz. Wir stellen drei Unternehmen vor, welche den Kurs in Richtung Zukunft eingeschlagen haben, aber auch Umwege in Kauf nehmen mussten: matriq in der Start-up-Phase, Frontify in der Wachstumsphase und Forster Rohner als etabliertes Unternehmen.
matriq AG
So klar der grundsätzliche Weg eines Start-ups ist, so unsicher ist es, das Ziel zu erreichen.
matriq ist 2019 als Spin-off der Ostschweizer Fachhochschule entstanden und spezialisiert sich auf innovative Kennzeichnungstechnologien im Spritzguss, die besonders in der Industrieproduktion gefragt sind. Klaus Dietrich, Mitgründer von matriq, beschreibt, wie die Idee für die Technologie aus einem kleinen Universitätsprojekt entstanden ist und sich zu einer vielversprechenden Lösung für die Industrie entwickelt hat. «Insbesondere in der Automobil- und Medizinindustrie ist heutzutage die Rückverfolgbarkeit vieler Bauteile unerlässlich oder sogar gesetzlich gefordert. Das wird durch individuelle Markierungen jedes Einzelteils erreicht. Wir haben eine Lösung geschaffen, die einfach in bestehende Prozessabläufe integriert werden kann. Daher können wir auch Märkte ansprechen, die bisher auf eine Serialisierung ihrer Bauteile verzichtet haben.»
«Das Wissen, dass sich die Anforderungen weiterentwickeln und wir darauf reagieren können, um das Ziel zu erreichen.»
Die Konstante von matriq
Eine weitere Konstante von matriq ist die räumliche Nähe zu anderen Start-ups im Campus Lerchenfeld des Switzerland Innovation Park Ost. «Neben der gegenseitigen Unterstützung ist es besonders ermutigend zu sehen, dass auch andere Start-ups mit denselben Herausforderungen kämpfen. Man merkt schnell, dass man nicht allein ist», sagt Dietrich. Der Austausch und die Unterstützung durch andere Gründerinnen und Gründer bieten Inspiration und eine starke Community, um in der dynamischen Start-up-Phase Fuss zu fassen. Angesichts unvorhersehbarer Schwierigkeiten und Umwege betont Dietrich: «Ein Start-up zu gründen, bedeutet konstante Bewegung, Veränderung und Anpassung.»
André Bernard, Cornelia Nef, Mathias Mächler und Klaus Dietrich haben matriq 2019 als Spin-off der FH OST gegründet.
Frontify AG
«Mut und Geduld sind entscheidend. Mut, um den Status quo zu hinterfragen, und Geduld, damit Wachstum entstehen kann.»
In nur etwas mehr als zehn Jahren hat sich Frontify von einem Start-up zu einem globalen Player entwickelt. «Stillstand gibt es bei uns nicht», sagt Roger Dudler, Gründer von Frontify. «Wir setzen uns ständig neue Ziele und vergleichen uns mit den Besten am Markt.» Das Unternehmen ist inzwischen mit seiner Brand-Management-Plattform marktführend und hat namhafte Kunden auf der ganzen Welt. Doch um an diesen Punkt zu gelangen, musste Roger Dudler gross denken. «In der Wachstumsphase war der Schweizer Markt zu klein. Wir mussten international expandieren – sowohl bei der Kundengewinnung als auch bei der Einstellung von Mitarbeitenden.»
«Die einzige Konstante ist der Wandel. Es gibt ständig Veränderungen. Wir hinterfragen immer den Status quo und sind nie zufrieden.»
Die Konstante von Frontify
Und falls es doch zu konstant wird, so sorgt Roger Dudler bewusst für ein bisschen Chaos – «um neuen Tatendrang zu erzeugen», wie er sagt. Doch entgegen seinen Beteuerungen gibt es eine offensichtliche Konstante bei Frontify: Das Unternehmen ist seinem Gründungsstandort St.Gallen treu geblieben. Dudler sieht denn auch viele Vorteile an der Gallusstadt: «Es gibt in der Ostschweiz viel Talent. Wir profitieren von der Nähe zur Universität St.Gallen. Zudem ist die Lebensqualität sehr hoch.» Und noch etwas ist seit der Gründung des Unternehmens gleich geblieben: «Wir haben eine absolute Obsession für das Produkt und für die Kundenzufriedenheit», sagt Roger Dudler. «Jeder Kunde, den wir verlieren, tut uns weh. Denn jeder einzelne Kunde ist uns wichtig.»
Der Frontify-Gründer beobachtet aber gleichzeitig einen Wandel in der Umwelt: «Viele Industriefirmen haben früher wenig auf ihre Marke geachtet. Heute ist das anders. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das schon früh die Bedeutung einer starken Marke erkannte, ist Hilti. Das Logo hat einen hohen Wiedererkennungswert, die rote Farbe zieht sich durch alle Maschinen: Das ist auch ein Teil ihres Erfolgs.» Genau diesen Erfolg will Frontify auch für andere Industriefirmen möglich machen, indem sie ihnen hilft, ihre Marke zu stärken und auf den richtigen Kurs zu bringen.
Forster Rohner AG
«Wir betrachten Misserfolge nicht als Verlust von Zeit und Geld, sondern als wertvolle Lernmöglichkeiten.»
Die Kreativität im Unternehmen geht letztlich von den Mitarbeitenden aus. Darauf baut Forster Rohner auf, wie Forster betont: «Wir setzen auf inspirierende Arbeitsplätze mit Interaktionszonen, einem Innovations- und Musterzentrum und zwei interessanten Archiven. Wir leben eine produktive Fehlerkultur und setzen uns, damit wir auch künftig an unseren Erfolg anknüpfen können, für die Förderung junger Talente ein.»
Schliesslich geht es darum, den Wandel nicht nur zu akzeptieren, sondern ihn aktiv zu gestalten. Dies stellt alle Unternehmen vor Herausforderungen – entscheidend ist, wie sie mit dieser Aufgabe umgehen. matriq, Frontify und Forster Rohner navigieren erfolgreich durch schwierige Phasen und begreifen Wandel als eine Chance. Und doch sind Unternehmen von Konstanten geprägt: der ständigen Anpassung an die Umwelt, dem produktiven Umgang mit Fehlern und einem klaren Bekenntnis zur Ostschweiz.
«Innovationsgeist, Wertschätzung und Faszination für das traditionelle Handwerk, unerschütterlicher Fokus auf Qualität, und am wichtigsten: Kreativität.»
Die Konstante von Forster Rohner
Forster Rohner legt mit einem Innovationszentrum sowie zwei Archiven Wert auf inspirierende Arbeitsplätze.
Forster Rohner blickt auf eine bewegende Geschichte zurück: Zehn Jahre nach der Gründung der Vorgängerfirma von Forster Rohner 1904 brach mit dem Ersten Weltkrieg die Stickereiindustrie in der Ostschweiz zusammen. Das Unternehmen hingegen floriert bis heute. Emanuel Forster, CEO von Forster Rohner, spricht von einem vielseitigen und spannenden Umfeld: «Wir produzieren auch Textilien, die heizen und leuchten, oder gestickte Hightech-Drohnen.»
Doch auch in diesem dynamischen Umfeld besinnt sich Forster Rohner auf Tradition und Konstanten. Das Unternehmen entwickelt und produziert weiterhin Stickereien für Haute Couture, Prêt-à-porter und Lingerie. Es setzt zudem auf den Standort St.Gallen: «Unser Standort in St.Gallen hat sich zu einem kreativen Zentrum entwickelt. Alle neuen Ideen und Designs werden hier in der Ostschweiz entwickelt, ausprobiert und perfektioniert. Dass wir 2022 und 2023 viel in den Standort investiert haben, ist auch ein klares Bekenntnis zu St.Gallen», sagt Emanuel Forster.