IHK-Generalversammlung 2022

Rückblick IHK-Generalversammlung 2022

Jubiläums-GV «555 Jahre IHK» – Ostschweizer Wirtschaft gestaltet die Zukunft.

23. Juni 2022

555 Jahre. Dieses spezielle Jubiläum feierte die IHK St.Gallen-Appenzell gemeinsam mit über 600 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft am Mittwochabend in Heerbrugg. An der Jubiläums-Generalversammlung stand aber nicht die Geschichte im Vordergrund, sondern die Zukunft des Industrie- und Exportplatzes Ostschweiz.

«Mit 555 Jahren ist die IHK St.Gallen-Appenzell die älteste Handelskammer der Schweiz und vermutlich sogar eine der ältesten weltweit.» Mit diesen Worten eröffnete IHK-Präsident Roland Ledergerber die IHK-Jubiläums-Generalversammlung bei SFS in Heerbrugg. Das war es dann aber auch schon mit der historischen Rückblende. Stattdessen richtete sich der Fokus rasch auf die Zukunft des Industrie- und Exportplatzes Ostschweiz. Denn: Die Ostschweiz sei heute ohne Zweifel ein attraktiver und erfolgreicher Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensort, so Roland Ledergerber. Aber die Region sei an verschiedenen Fronten herausgefordert. «Die Welt bewegt sich, die Wettbewerber werden stärker, die Anforderungen steigen.» In diesem Umfeld sei es ein Naturgesetz: «Was nicht besser wird, bleibt nicht gut.»

Herausforderungen im Europadossier, bei der Altersvorsorge…

Handlungsbedarf verortete der IHK-Präsident in seiner Ansprache insbesondere in drei Dossiers. Erstens müssten die bilateralen Beziehungen zur EU gesichert werden. 64% aller Ostschweizer Industrieexporte fliessen nach Europa. Umgekehrt arbeiten viele Tausende europäische Fachkräfte in den Ostschweizer Unternehmen. Diese enge wirtschaftliche Verflechtung sei für die Ostschweiz ein riesiger Vorteil. Der Bundesrat sei nach dem Verhandlungsabbruch über ein Rahmenabkommen mit der EU deshalb nun zum raschen Handeln aufgefordert. Zweitens müsse die Altersvorsorge auf ein zukunftsfähiges Fundament gestellt werden, so Roland Ledergerber. Derzeit findet sowohl in der ersten als auch in der zweiten Säule eine starke Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den Pensionierten statt. «Das ist systemwidrig. Und es ist nicht fair.» Die Revision AHV 21 sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung.

… und der Energieversorgung gemeinsam meistern

Drittens betonte Roland Ledergerber die Herausforderung einer drohenden Strom- und Gasmangellage für die Unternehmen. «Die lückenlose Energieversorgung der Schweiz zu international marktfähigen Preisen muss weiterhin sichergestellt werden.» Gleichzeitig müsse die Dekarbonisierung vorangetrieben werden. Diese Balance zu finden, sei komplex und verlange eine gesamtheitliche Herangehensweise: angebots- und nachfrageseitig sowie bei den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen.

Unternehmen als Teil der Lösung

Allgemein müssten die Unternehmen wieder stärker als Teil der Lösung, und nicht des Problems gesehen werden, so der IHK-Präsident. Ein Votum, das im anschliessenden Podium unter der Leitung von IHK-Direktor Markus Bänziger mit den Spitzen der drei gewichtigsten nationalen Wirtschaftsverbände wiederholt bekräftigt wurde. Klimawandel, Mobilität, Corona, Ernährung: Die Schweizer Fertigungsindustrie leiste weltweit unverzichtbare Arbeit zur Bewältigung dieser Herausforderungen, betonte etwa Swissmem-Präsident Martin Hirzel. Die Globalisierung sei deshalb das «beste Armutsbekämpfungsprogramm». Dieses positive Wirken der hiesigen Unternehmen müsse gegenüber der Öffentlichkeit vermehrt sichtbar gemacht werden, ergänzte Christoph Mäder, Präsident des Wirtschaftdachverbands economiesuisse. Dazu brauche es auch den Mut von Unternehmenspersönlichkeiten, sich wieder stärker in die politische Debatte einzubringen, so der Appell an das Publikum.

Zusammenarbeit und Kultur als Stärken der Ostschweiz

Entscheidend für die Stärkung des Vertrauens in die Wirtschaft sei aber insbesondere auch die gelebte Unternehmenskultur, zeigte sich Urs Kaufmann, Vorstandsausschussmitglied des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, überzeugt. Die Ostschweiz gehe hier mit gutem Beispiel voran: Die Kultur sei geprägt von einem gesunden Vertrauen, einem professionellen Pragmatismus, Lösungsorientierung, Bodenständigkeit, Leistungsbereitschaft und einer starken Verbundenheit mit dem Unternehmen. Diese Werte sollen international tätige Schweizer Unternehmen auch in ihren Werken im Ausland verankern, gemeinsam mit den Mitarbeitenden vor Ort. Es sei dies das weitaus erfolgversprechendere Mittel gegen autokratische Regimes als Dogmatismus oder eigenständige politische Sanktionen der offiziellen Schweiz.

Bekenntnis zum Standort Ostschweiz

Insgesamt zeigten sich die Podiumsgäste aber sehr optimistisch für die Zukunft des Industrie- und Exportplatzes Ostschweiz. Es sei «erstaunlich und höchst erfreulich», dass die Schweizer Industrie in den vergangenen Jahren als eine der wenigen in Westeuropa ihre Position stärken konnte, so Christoph Mäder. Exemplarisch dafür stand der Ort der IHK-Jubiläumsfeierlichkeiten in der neuen Dreifach-Produktionshalle von SFS. Der substanzielle Ausbau sei Ausdruck eines langfristigen Denkens und ein Bekenntnis zum Standort Heerbrugg, betonte SFS-Verwaltungsratsmitglied Nick Huber in seinem Schlusswort. Auch auf den Betriebsbesichtigungen bei neun Rheintaler Unternehmen, die im Vorfeld zur GV stattfanden, zeigte sich den Gästen eindrücklich: In der Region wird an den Produkten und Lösungen von morgen gearbeitet. Darauf dürfe man stolz sein, betonte IHK-Direktor Markus Bänziger abschliessend. Im Zentrum des speziellen IHK-Jubiläums stehen deshalb unter dem Motto «Raum für Wirken und Wandel» die Vielfalt und Innovationskraft der Ostschweizer Unternehmen.