IHK- & AGV-Lohnumfrage 2022
Löhne steigen in der Kernregion Ostschweiz branchenübergreifend
Ostschweizer Unternehmen planen für 2023 im Schnitt eine Lohnerhöhung von 2,3 Prozent.
24. November 2022
Der sich akzentuierende Arbeits- und Fachkräftemangel und eine überdurchschnittlich hohe Inflation beeinflussen in diesem Jahr die Lohnverhandlungen zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Über alle Branchen hinweg erwarten die Unternehmen in der Kernregion Ostschweiz für das Jahr 2023 einen Nominallohnanstieg von 2.3%. Das zeigt die im Herbst gemeinsam mit den regionalen Arbeitgeberverbänden durchgeführte Lohnumfrage der IHK St.Gallen-Appenzell und IHK Thurgau.
Die Arbeitslosigkeit liegt in der Kernregion Ostschweiz aktuell bei 1.5% und ist so tief wie seit November 2001 nicht mehr. Der Arbeitsmarkt ist ausgetrocknet und die Unternehmen kämpfen in allen Branchen mit einem stark ausgeprägten Arbeits- und Fachkräftemangel. Fast vier von fünf Unternehmen erachten die Suche nach geeignetem Personal als schwierig bis sehr schwierig. Vor allem in der Produktion, im Bereich IT sowie im Management gestaltet sich die Suche äusserst schwierig. Im Verarbeitenden Gewerbe fehlen auch Fachkräfte im Bereich der Forschung und Entwicklung. Im Kampf gegen diesen stark ausgeprägten Arbeits- und Fachkräftemangel reagieren die Ostschweizer Unternehmen branchenübergreifend am häufigsten mit flexibleren Arbeitsmodellen in Form von orts- und zeitunabhängiger Arbeitsgestaltung sowie mit einer familienfreundlicheren Personalpolitik. Kein Thema ist in allen Branchen die Verlagerung der Geschäftstätigkeit ins Ausland. Die Wertschöpfung bleibt in der Region.
Arbeitskräftemangel und Inflation beeinflussen Lohnverhandlungen
Der stark ausgeprägte Arbeits- und Fachkräftemangel sowie eine überdurchschnittlich hohe Inflation werden in den diesjährigen Lohnverhandlungen spürbare Treiber für Lohnerhöhungen sein. Für das kommende Jahr erwarten die Unternehmen in der Kernregion Ostschweiz über alle Branchen hinweg durchschnittlich einen Nominallohnanstieg von 2.3%. Dieser Erwartung unterliegt die Annahme einer Jahresinflationsrate von 2.9%. Den grössten Anstieg in der Höhe von 4.1% erwarten die befragten Unternehmen in der Ostschweiz im Bereich des Gastgewerbes. Diese Grössenordnung ist vor allem Ausdruck des starken Arbeits- und Fachkräftemangel und liegt auch in den Erwartungen für die Gesamtschweiz. Die tiefsten erwarteten Lohnerhöhungen liegen mit 1.3% im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens sowie mit 1.4% in der Finanz- und Versicherungsdienstleistungs-branche. Im verarbeitenden Gewerbe rechnen die Unternehmen mit einem Lohnanstieg von 2.5%. Dieser Wert liegt über dem Durchschnitt über alle Branchen hinweg. Getrieben wird dieser Anstieg vor allem durch den erwarteten Lohnanstieg im Bereich der Herstellung und Bearbeitung von Metallerzeugnissen. Hier rechnen die Unternehmen mit 3.9% Lohnanstieg. Innerhalb des zweiten Sektors dürfen auch Arbeitnehmende aus dem Baugewerbe mit einer überdurchschnittlichen Lohnerhöhung rechnen. Die Bauunternehmen erwarten eine Lohnerhöhung von 2.5%.
Höchster Nominalanstieg seit 21 Jahren
Treffen die Lohnerwartungen der Ostschweizer Unternehmen ein, dürfte dies insgesamt zum stärksten Nominalanstieg seit 21 Jahren führen. Ausgehend von einer erwarten Jahresinflation in der Höhe von 2.9% ergibt dies für die Arbeitnehmenden in diesem Jahr einen Reallohnverlust. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten wie unter anderem eine Lohn-Preis-Spirale reduziert sich damit. Aufgrund des sich weiter verstärkenden Arbeits- und Fachkräftemangel, der sich aufgrund der anstehenden Pensionierungswelle der Babyboomer weiter verschärfen wird, dürfte in Zukunft für die Arbeitnehmenden allerdings wieder mit Reallohnerhöhungen zu rechnen sein. Seit dem Jahr 2000 haben Arbeitnehmende insgesamt einen Reallohnanstieg in der Höhe von 15.6% realisiert.
IHK- & AGV-Lohnumfrage 2022
In Zusammenarbeit mit den regionalen Arbeitgeberverbänden (AGV) führen die IHK St.Gallen-Appenzell und die IHK Thurgau jeweils im Herbst eine Ostschweizer Lohnumfrage durch. Die Umfrage ermöglicht breit abgestützte Einblicke in das aktuelle Stimmungsbild und die Erwartungen der Ostschweizer Unternehmen zu ausgewählten Indikatoren (u.a. Geschäftslage, Arbeitskräftemangel, Lohnentwicklung, Chancen und Herausforderungen). Die Umfrageresultate stellen keine Lohnempfehlung dar.
An dieser Lohnumfrage, die vom 3. bis 28. Oktober durchgeführt wurde, haben 604 Unternehmen aus der Kernregion Ostschweiz (Kantone St.Gallen, Thurgau und beide Appenzell) mitgewirkt.