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Für verantwortungsvolles Unternehmertum, gegen die Konzernverantwortungsinitiative

Ostschweizer Wirtschaft sagt Nein zur KVI Für verantwortungsvolles Unternehmertum, gegen die Konzernverantwortungsinitiative

Nein zur Konzernverantwortungsinitiative
26. Oktober 2020 | Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) verlangt, dass Schweizer Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards auch im Ausland einhalten. Dieses Anliegen ist mehr als berechtigt – der Weg der Initiative ist dafür jedoch der falsche. Denn die Initiative betrifft nicht nur allfälliges Fehlverhalten von Grosskonzernen, sondern allem voran verantwortungsvolle KMU. Deshalb sagt die Ostschweizer Wirtschaft Nein zur Konzernverantwortungsinitiative, und Ja zu verantwortungsvollem Unternehmertum.

Übersicht

  • Das sagen Ostschweizer Unternehmer/-innen zur KVI
  • Was will die Konzernverantwortungsinitiative? 
  • Wieso sind auch KMU von der Initiative betroffen? 
  • Warum ist der Gegenvorschlag die bessere Lösung?

 

Das sagen Ostschweizer Unternehmer/-innen zur KVI

Ruedi Lieberherr ist CEO der Morga AG, welche im Toggenburg bio-vegetarische Lebensmittel produziert. Er lehnt die KVI ab, weil eine Kontrolle der ganzen Lieferkette für KMU unmöglich ist.

 

Für Katharina Lehmann, CEO der Lehmann Gruppe, ist Nachhaltigkeit Teil des Geschäftsmodells. Sie sagt Nein zur KVI, weil der Gegenvorschlag für sie die bessere Alternative darstellt.

 

Urs Ryffel ist CEO der HUBER+SUHNER AG. Für ihn ist klar: Trotz grossem freiwilligem Engagement wären auch jene 99% der Schweizer Unternehmen von der KVI betroffen, die verantwortungsvoll handeln.

 

Christoph Bärlocher leitet das Familienunternehmen Bärlocher Bau AG in der vierten Generation. Als Familienunternehmen ist die Verantwortung gegenüber Kunden und Lieferanten fest verankert – doch die KVI lehnt er entschieden ab.

Was will die Konzernverantwortungsinitiative? 

Am 29. November entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über die Konzernverantwortungsinitiative. Was die Initiative im Grunde will, ist unbestritten – eine verbesserte Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards. Die vorgeschlagenen Massnahmen schiessen jedoch am Ziel vorbei, schüren Misstrauen und wirken gar kontraproduktiv. Konkret sind dies:

  • Eine umfassende Sorgfaltsprüfungspflicht in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt für alle Unternehmen ausser «Tiefrisiko-KMU». Die Sorgfaltsprüfungspflicht bezieht sich auf sämtliche Geschäftsbeziehungen, d.h. die gesamte Lieferkette eines Unternehmens im In- und Ausland.
  • Eine Haftung von allen Schweizer Unternehmen für Fehlverhalten in den Bereichen Umweltstandards und Menschenrechte von Tochterunternehmen und wirtschaftlich abhängigen Zulieferern – auch im Ausland, aber unter Schweizer Recht.
  • Für einen Freispruch von der Beschuldigung, dass ein Unternehmen einen Schaden verursacht hat, muss das angeklagte Unternehmen beweisen, dass es unschuldig ist. Dies entspricht einer Beweislastumkehr.

Nach der Ansicht des Bundesrates, National- und Ständerat und weiten Teilen der Wirtschaft gehen diese Massnahmen deutlich zu weit. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) St.Gallen-Appenzell empfiehlt ein Nein zur Initiative. Vor allem, weil sie eben nicht nur allfälliges Fehlverhalten von Grosskonzernen betrifft, sondern pauschal gegen weite Teile der Wirtschaft gerichtet ist: Die Initiative stellt auch all jene Unternehmen unter Generalverdacht, die verantwortungsvoll handeln.

Weshalb sind auch KMU von der Initiative betroffen? 

Die Konzernverantwortungsinitiative heisst eigentlich Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt». Im Initiativtext ist nirgends von Konzernen die Rede, sondern nur von Unternehmen.

Eine Einschränkung gilt auch nur bei der Sorgfaltsprüfungspflicht entlang der ganzen Lieferkette: Dort sagt die Initiative zwar, dass auf KMU mit geringem Risiko Rücksicht zu nehmen sei. Was genau das bedeutet, darüber sagt die Initiative nichts. Eine Studie legt jedoch nahe, dass davon bereits über 80'000 Unternehmen betroffen wären – in der Ostschweiz stellen betroffene Unternehmen etwa ein Drittel der Arbeitsplätze.

Anders verhält es sich bei der Haftung von Schweizer Unternehmen: Dort nimmt die Initiative keine Einschränkungen vor, KMU sind gleichermassen betroffen. Zudem haften Unternehmen für rechtlich kontrollierte Unternehmen (Tochtergesellschaften) und für unabhängige, wichtige Lieferanten («wirtschaftliche Kontrolle»).

Da solche Unternehmen also ebenfalls haften würden, müssten auch viele KMU ihre Lieferkette umfassend überprüfen, um keine Klage zu riskieren: Denn die Initiative verlangt, dass ein angeklagtes Unternehmen seine Unschuld beweisen muss, um nicht bestraft zu werden. Dies würde einen massiven bürokratischen Aufwand mit sich bringen, und wäre dennoch beim besten Willen nicht möglich. Denn nicht mal anerkannte Zertifikate wie Fairtrade-Labels können restlos ausschliessen, dass irgendwo in einer Lieferkette Risiken bezüglich Menschenrechte und Umweltschäden vorkommen – nur, dass das Möglichste unternommen wird, um solche Risiken zu unterbinden.

Weiterhin wären KMU auch als Lieferanten von grösseren Unternehmen betroffen: Denn in der Praxis würden grosse Unternehmen ihre Sorgfaltsprüfungspflicht und damit Haftungsrisiken wohl über Lieferverträge an ihre Zulieferer weitergeben (sogenannte «Back-to-Back-Verträge»). Verlieren würden schliesslich diejenigen Unternehmen, welche nicht über umfangreiche Kapazitäten zur Überprüfung von Risiken in ihren Lieferantennetzwerken verfügen – kleinere Unternehmen also.

Was will der Gegenvorschlag zur Initiative? 

Wenn die KVI an der Urne abgelehnt wird, ist es nicht so, dass nichts passiert: Der Bundesrat und das Parlament haben den Handlungsbedarf im Bereich Menschenrechte und Umwelt anerkannt und einen Gegenvorschlag zur Initiative erarbeitet. Dieser orientiert sich an den grundlegenden Prinzipien der internationalen Zusammenarbeit sowie an den fortschrittlichsten Gesetzen weltweit. Im Bereich der Kinderarbeit und der Konfliktmineralien nähme die Schweiz international eine Vorreiterrolle ein. Im Gegensatz zur Initiative berücksichtigt er zudem die Korruption.

Vor allem nimmt er sinnvolle Einschränkungen beim Geltungsbereich vor: Er gilt für jene grossen, international tätigen Unternehmen, die die Initiative regulieren möchte. Er greift damit die Hauptanliegen der Initiative auf, ohne die Ostschweizer KMU-Landschaft massiv und mit unklaren Auswirkungen zu treffen. Die IHK St.Gallen-Appenzell beurteilt den Gegenvorschlag aus diesen Überlegungen als den zielführenderen Weg und hat sich bereits während der parlamentarischen Debatte dafür eingesetzt. Damit der Gegenvorschlag in Kraft tritt, braucht es am 29. November ein Nein zur Konzernverantwortungsinitiative.

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