Nationale Politik
IHK unterstützt Entlastungspaket, kritisiert jedoch neue Steuern
Stellungnahme zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über das Entlastungspaket 2027

5. Mai 2025
Die IHK unterstützt das Entlastungspaket 27 (EP27) zur Bereinigung des Bundeshaushaltes grundsätzlich. Ein ausgeglichener Bundeshaushalt nach den Vorgaben der Schuldenbremse muss weiterhin oberstes Ziel der Finanzpolitik sein. Die langfristig zuverlässige Erbringung der zentralen Leistungen des Bundes ist nur mit einem ausgeglichenen, stabilen Finanzhaushalt gewährleistet. Das EP27 ist im geplanten Volumen unverzichtbar, um die Vorgaben der Schuldenbremse ab 2027 einhalten zu können.
Stellungnahme zum Vorentwurf des Bundesgesetzes
über das Entlastungspaket 2027:
Die Massnahmen des EP27 setzten dort an, wo das Problem entstanden ist: bei den Ausgaben. Sie betreffen alle Aufgabenbereiche des Bundes und auch gebundene Ausgaben, was richtig ist. Zur Lösung eines Ausgabenproblems hingegen klar abzulehnen sind Mehreinnahmen, insbesondere die höhere Besteuerung der Kapitalbezüge, die einen massiven Eingriff in ein für breite Bevölkerungskreise relevantes System ausserhalb des Bundeshaushaltes darstellt. Als finanzieller Ersatz soll der Beitrag des Eigenbereichs des Bundes von 300 auf 500 Millionen Franken erhöht werden. Weil die Bereiche Sicherheit (Verteidigung) und soziale Sicherheit (AHV und 13. AHV-Rente) ausgebaut werden sollen, braucht es eine Prioritätenverschiebung im Bundeshaushalt. Die Umschichtung erfordert in einer Übergangszeit Abstriche.
Allgemeine Rückmeldung
Befürworten Sie grundsätzlich die Zielsetzung und die Stossrichtungen (insb.: ausgabenseitige Korrekturen statt Steuererhöhungen) der Vernehmlassungsvorlage?
Ja – Die IHK bekennt sich zur Schuldenbremse, die für die finanzielle Stabilität und Sicherheit der Schweiz zentral ist. Das Entlastungspaket zielt darauf ab, die Schuldenbremse auch in den kommenden Jahren einhalten zu können. In diesem Sinne unterstützt die IHK grundsätzlich die vorliegende Stossrichtung. Insbesondere begrüsst die IHK, dass die gebundenen Ausgaben mitevaluiert und Massnahmen auch bei diesen Ausgaben vorgeschlagen wurden. Es ist wichtig, dass allfällige künftige Sparmassnahmen breiter getragen werden können, als dies aktuell bei den wenigen ungebundenen Ausgaben der Fall ist.
Die IHK teilt klar die Ansicht des Bundesrates, dass der Bund ein Ausgaben- und kein Einnahmeproblem hat: Die Ausgaben wachsen schneller als die Einnahmen. Im Finanzplan fehlen ab 2027 jährlich 3 Milliarden Franken. Um die Schuldenbremse einhalten zu können, sind Sparmassnahmen unumgänglich. Das Entlastungspaket ist aber nicht konsequent, da es auch Mehreinnahmen enthält, welche die höhere Besteuerung von Kapitalbezügen aus der 2. und 3. Säule betreffen. Schon bei moderaten Kapitalbezügen von 200’000 Franken steigt die direkte Bundessteuer um rund 50 Prozent. Entsprechend lehnt die IHK diese Steuererhöhung dezidiert ab.
Weitere allgemeine Rückmeldungen zur Vernehmlassungsvorlage?
Die IHK begrüsst explizit, dass die stark gebundenen Ausgaben in die Vernehmlassung miteinbezogen wurden. Die IHK weist darauf hin, dass der Bildungsbereich mit seinen ungebundenen Ausgaben bereits im Rahmen der aktuellen BFI-Botschaft von Einsparungen betroffen ist. Allfällige weitere Kürzungen müssen daher im Wissen dessen und im Kontext des gesamten Bundeshaushaltes (insb. auch der stark gebundenen Ausgaben) betrachtet werden, um die Bildung nicht unverhältnismässig zu belasten.
Die IHK beschränkt sich in der Stellungnahme im Bereich Bildung auf ausgewählte Massnahmen im Bereich der Berufsbildung. Bei der Ressortforschung ist es der IHK ein Anliegen, dass die Berufsbildungsforschung weiterhin substanziell gefördert wird. Die Koordination der Forschungsbereiche durch die «Leading Houses» hat sich bewährt.
Was die Entflechtung zwischen Bund und AHV anbelangt, so erkennt die IHK die Überlegungen hinter der Massnahme und kann sie grundsätzlich mittragen. Was die IHK nicht mittragen kann, sind nachgelagerte Erhöhungen von Lohnbeiträgen und/oder weitere Steuererhöhungen. Diese Massnahme zur Entflechtung muss im Rahmen von strukturellen Anpassungen, wie der Erhöhung des Referenzalters, angegangen werden.
Rückmeldungen zu den Massnahmen mit Gesetzesanpassungen
Massnahme 2.4: Stärkung der Nutzerfinanzierung der kantonalen Hochschulen
Ja – Die IHK begrüsst grundsätzlich Bestrebungen, die Nutzerfinanzierung bei den Hochschulen sowie bei Erasmus+ zu verstärken. Auf diese Weise können unter anderem bewusstere Bildungsentscheide und effizientere Bildungswege gefördert werden – gerade in den Bildungsgängen und -abschlüssen der Berufsbildung und höheren Berufsbildung.
Massnahme 2.7: Aufhebung der Förderbestimmungen im Weiterbildungsgesetz
Ja, mit Vorbehalt – Die IHK weist darauf hin, dass der private Weiterbildungsmarkt in der Schweiz grundsätzlich gut funktioniert. Unter anderem tragen der Einbezug und die Investition der verschiedenen Akteure (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) dazu bei, dass berufsorientierte Weiterbildungen gefördert werden. Die IHK erkennt die Schwierigkeiten und Mitnahmeeffekte bei der Förderung der Organisationen der Weiterbildung (OWB) und fordert für die künftige Unterstützung einen Projektförderartikel im Weiterbildungsgesetz. Die Projektlogik setzt auf Controlling, Definition von Zielen sowie auf befristete finanzielle Unterstützungen und vermeidet damit weitestgehend Betriebs- und Strukturbeiträge.
Bei der Förderung der Grundkompetenzen betont die IHK die Wichtigkeit der Förderung der betroffenen Zielgruppe. Die Zuständigkeit soll jedoch aus ordnungspolitischen Gründen bewusst bei den Kantonen bleiben, da sonst die Gefahr besteht, dass die Verantwortung seitens der Kantone nicht in genügendem Ausmass wahrgenommen wird. Die IHK würde einen Fördermechanismus analog der beruflichen Grundbildung begrüssen, bei dem sich der Bund zu 25 Prozent an den Kosten beteiligt, um die Kantonshaushalte finanziell zu entlasten.
Massnahme 2.15: Entflechtung zwischen Bund und AHV
Ja, mit Vorbehalt – Die vorgeschlagene Senkung des Bundesbeitrags ist ein notwendiger Schritt zur langfristigen Stabilisierung der Bundesfinanzen. Diese Massnahme trägt dazu bei, die finanziellen Lasten des Bundes zu reduzieren. Angesichts der bestehenden Herausforderungen in der Altersvorsorge ist eine solche Anpassung notwendig. Dennoch muss sichergestellt werden, dass die strukturelle Nachhaltigkeit der AHV nicht beeinträchtigt wird. Die Entflechtung muss daher in Verbindung mit einer umfassenden Strukturreform erfolgen, die auch Massnahmen auf der Ausgabenseite umfasst. Eine isolierte Umsetzung ohne flankierende Reformen könnte langfristig neue Finanzierungsprobleme schaffen. Die IHK unterstützt daher die Entflechtung grundsätzlich, fordert jedoch eine umsichtige und nachhaltige Umsetzung. Weiterer Druck auf die Löhne – wie es unzählige politische Geschäfte mit Sozialausbau vorsehen – ist klar abzuwenden. Statt die Finanzierung durch höhere Lohnbeiträge oder Steuern auf Beschäftigte und Unternehmen abzuwälzen, sind strukturelle Reformen im Rahmen der bevorstehenden AHV-Reform 2026 zielführender. Dazu gehören beispielsweise eine Erhöhung des Referenzalters (allenfalls unter Berücksichtigung der Lebensarbeitszeit), Einsparungen bei Sozialversicherungsleistungen und bei Eigenausgaben in der Verwaltung.
Massnahme 2.27: Verzicht auf Förderung im Bereich Bildung und Umwelt
Ja, mit Vorbehalt – Die IHK unterstützt eine Reduktion der Beiträge und fordert, dass der effiziente Einsatz der Mittel sichergestellt wird. Auf Grundlage des bestehenden Förderartikels wird einerseits die Fachagentur für Bildung für nachhaltige Entwicklung (Stiftung éducation21) unterstützt, andererseits werden die Pauschalen zur Umsetzung der Orientierungshilfe für nachhaltige Entwicklung im Berufsentwicklungsprozess vergeben. Diese beiden Massnahmen erachtet die IHK als sinnvoll und prioritär. Weitergehende Aktivitäten seitens des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) müssten mit solchen Massnahmen koordiniert und/oder über die Fachagentur erreicht werden. Bei éducation21 müssen Finanzierungsmodelle evaluiert werden, die analog zu anderen Fachagenturen der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) umgesetzt werden, sprich: eine Kostenbeteiligung auch durch die Kantone sicherstellen.
Massnahme 2.35: Höhere Besteuerung von Kapitalbezügen der 2. und 3. Säule
Nein – Die geplante Erhöhung der Besteuerung von Kapitalbezügen aus der beruflichen und privaten Vorsorge wird entschieden abgelehnt. Diese Massnahme würde das Vertrauen in die langfristige Altersvorsorge untergraben und den Anreiz für freiwillige Einzahlungen massiv reduzieren. Über Jahrzehnte wurden Bürgerinnen und Bürger durch steuerliche Anreize ermutigt, privat für ihr Alter zu sparen. Eine nachträgliche Änderung der Steuerbedingungen widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben und schwächt das Vertrauen in die Politik des Bundes.
Darüber hinaus handelt es sich bei der finanziellen Schieflage des Bundes um ein Ausgabenproblem, nicht um ein Einnahmenproblem. Anstatt die Steuerlast auf individuelle Vorsorgesparer zu erhöhen, sollte die Stabilisierung des Bundeshauhalts primär über die Reduktion der Ausgaben erfolgen. Sollte eine Erhöhung der Besteuerung von Kapitalbezügen dennoch unausweichlich sein, muss zumindest auf eine rückwirkende Anwendung verzichtet werden, um bestehende Planungen nicht zu untergraben.
Diese Stellungnahme wurde in Zusammenarbeit mit economiesuisse, dem Schweizerischen Arbeitgeberband SAV sowie dem Schweizerischen Versicherungsverband SVV erstellt.
Fokus Flughafen St.Gallen-Altenrhein

Copyright: Altenrhein Luftfahrt GmbH
Massnahme 2.24: Kürzung der Bundesbeiträge an Regionalflughäfen auf Bundesinteressen
Die IHK lehnt die Kürzung von Bundesbeiträgen an die Regionalflugplätze, insbesondere an den Regionalflugplatz St. Gallen-Altenrhein, vollumfänglich ab. Aus Sicht der IHK ist der Flugplatz St.Gallen-Altenrhein eine wichtige Infrastruktur der Aviatik in der Ostschweiz. Käme es zu der vorgeschlagenen Kürzung von Bundesbeiträgen im avisierten Ausmass, wäre dies – so die Einschätzung der IHK – das Aus für den Flugplatz St.Gallen-Altenrhein. Konkret ist es nicht realistisch, dass die anfallenden Kosten durch die Nutzerinnen und Nutzer getragen würden. Bereits jetzt sind die Anflug- und Landegebühren des Flugplatzes im internationalen Vergleich hoch. Die Folge wäre, dass die Bewegungszahlen auf dem Flugplatz zurückgingen und der Flugverkehr nicht mehr kostentragend durchgeführt werden könnte.
Dabei ist die Begründung der Kürzung dieser Subventionen für die IHK nicht nachvollziehbar:
- Keine Erhöhung der Kostenwahrheit: Die Botschaft argumentiert, dass durch die Kürzung der Bundesbeiträge die Nutzerinnen und Nutzer einen höheren Anteil der Kosten der Flugsicherung übernehmen können. Gegen eine Berücksichtigung des Verursacherprinzips ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Vorlage unterschlägt dabei aber den Punkt, dass es sich bei der Flugsicherung um keinen funktionierenden Markt mit fairen Preisen handelt. Skyguide besitzt in der Schweiz – trotz der Liberalisierung der Flugsicherungsdienstleistungen für Regionalflugplätze – nach wie vor eine Monopolstellung. Folge dieser Monopolstellung ist, dass die Kosten der Flugsicherung laufend steigen. Skyguide ist heute eine der teuersten Anbieterinnen von Flugsicherungsleistungen in Europa. Zudem ist die Kostenüberwälzung auf die Regionalflugplätze intransparent und schwer zu kontrollieren. Insgesamt kann in dieser Situation also nicht von Kostenwahrheit gesprochen werden. Beiträge zu streichen, ohne gleichzeitig für transparente und marktgerechte Kosten bei der staatlichen Anbieterin für Flugsicherungsdienstleistungen zu sorgen, ist keine sachgerechte und faire Lösung.
- Sicherstellung von Bundesinteressen: Die Botschaft begründet die Kürzung der Beiträge mit der Fokussierung auf Bundesinteressen (Reservekapazitäten, Staatsflüge, Ausbildung). Dabei dient der Flugplatz St.Gallen-Altenrhein in erheblichem Ausmass diesen Interessen. Als einziger Regionalflugplatz in der Ostschweiz nimmt er den Flugverkehr ab, welcher das Dreiländereck Ostschweiz, Vorarlberg und Fürstentum Liechtenstein zum Ziel hat. Dieser Flugverkehr würde ansonsten in Zürich landen, wo die Kapazitäten bekanntlich sehr beschränkt sind. Keinesfalls würden diese Flugzeuge nach Bern oder Grenchen ausweichen. Damit bietet der Flugplatz St.Gallen-Altenrhein die gewünschten Reservekapazitäten. Ebenso finden immer wieder Staatsflüge auf diesem Flugplatz statt. Hier ist insbesondere an das WEF zu denken. Schliesslich ist der Flugplatz die einzige Möglichkeit in der Ostschweiz, diverse aviatische Ausbildungen vorzunehmen. Diese Ausbildungen können und werden nicht nach Grenchen verlegt werden. Schliesslich ist zu betonen, dass ab dem Flugplatz St.Gallen-Altenrhein Linienverkehr nach Wien stattfindet. Die Aufrechterhaltung dieses Linienverkehrs ist – gerade auch mit Blick auf die Beziehungen zu Österreich – von nationalem Interesse. Die avisierte Kürzung von Beiträgen für den Flugplatz St.Gallen-Altenrhein widerspricht also in hohem Masse den Interessen des Bundes.
Diese Stellungnahme wurde in Zusammenarbeit mit der Interessensgemeinschaft Ostschweizer Luftfahrt sowie dem Aero-Club Ostschweiz erstellt.