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Diktierte Löhne und deren negative Folgen

Lohnregulierung: aktuelles Beispiel für Bürokratiewachstum Diktierte Löhne und deren negative Folgen

Dr. Frank Bodmer, Leiter IHK-Research

Der Staat greift immer stärker in die Lohnfindung ein. Die Eingriffe basieren auf diversen Gleichstellungsgeboten, welche im Prinzip als wenig problematisch erscheinen. Problematisch wird es bei der Umsetzung. Basis bildet eine Auswertung der Lohnstrukturerhebung, welche unvollständig ist und die angeblichen Folgerungen in keiner Weise rechtfertigt. Diese Eingriffe in die Lohnstruktur werden negative Auswirkungen auf die Beschäftigung haben.

Kosten der Lohnstrukturerhebung

Die Lohnstrukturerhebung (LSE) basiert auf einer Befragung von 35 000 Unternehmen mit rund 1,6 Millionen Beschäftigten, welche alle zwei Jahre durchgeführt wird. Neben dem Lohn werden Ausbildung, Beruf, Stellung, Eintrittsdatum in das Unternehmen, Art des Vertrags, Arbeitszeit und Ferientage der Beschäftigten erfasst. Personenspezifische Charakteristiken wie Alter und Geschlecht werden auf Basis der AHV-Nummer ermittelt. Auf Seite des Unternehmens werden die Anzahl der Beschäftigten und die Art der Lohnvereinbarung abgefragt, Branche und Arbeitsort werden über die Betriebs- und Unternehmensregisternummer bestimmt. Die Teilnahme an der Befragung ist obligatorisch und insbesondere für KMU mit erheblichem Aufwand verbunden. Dabei ist oft nicht klar, welche Angaben für die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter korrekt wären.

Lohnstrukturerhebung als Basis für Lohnregulierung

Eigentlich ist die Lohnstrukturerhebung eine rein statistische Erhebung und unterliegt damit der Verordnung über die Durchführung von statistischen Erhebungen. Artikel 8 dieser Verordnung sagt klar, dass Erhebungen nur für statistische Zwecke verwendet werden dürfen. Diese rein statistische Verwendung wurde aber im Falle der LSE inzwischen weit übertroffen. Zunehmend dient die Lohnstrukturerhebung als Basis für Lohnregulierungen. Von den erfassten Löhnen wird damit auf «korrekte» Löhne geschlossen, wie diese auch immer definiert sein könnten. Das überschreitet die Möglichkeiten einer solchen Befragung aber ganz klar.

Mangelhafter Lohnrechner

Für Lohnvergleiche hat der Bund den individuellen Lohnrechner «Salarium» bereitgestellt, welcher auf Daten der LSE beruht. Damit lässt sich mithilfe der obengenannten persönlichen Merkmale ein «üblicher» Lohn berechnen. Die grössten Probleme dieser Rechnung sind die grobe Einteilung von Regionen (die sieben Grossregionen des Bundes), der Branchen (Pharma ist nicht gleich Pharma) und die fehlenden persönlichen Merkmale (insbesondere die Leistung). Benutzt man den Lohnrechner im Selbsttest und variiert Merkmale wie Branche oder Arbeitsort, so resultieren nur sehr kleine Variationen. Diese bilden die effektiv beobachteten Variationen bei Weitem nicht ab. Und liegen die effektiv bezahlten Löhne unter den Werten des Lohnrechners, so liegt offensichtlich nicht automatisch Lohndiskriminierung vor. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von anderen möglichen Gründen.

Flankierende Massnahmen

Trotz der offensichtlichen Mängel benutzt auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) solche Lohnberechnungen zur Bestimmung der branchenüblichen Löhne im Rahmen der flankierenden Massnahmen. Wo kein GAV besteht, kann bei neu in der Schweiz tätigen Beschäftigten der effektiv bezahlte Lohn mit dem «Üblichen» verglichen werden. Wird der «übliche» Lohn unterschritten, so können die tripartiten Kommissionen eine Erhöhung verfügen. Zusätzlich werden in der Regel eine Busse, eine Konventionalstrafe und das Tragen der Verfahrenskosten fällig. Dies stellt insbesondere im Entsende­bereich ein grosses finanzielles Risiko für die Entsendebetriebe und damit eine hohe Hürde dar.

Geschlechterdiskriminierung

Die Lohnstrukturerhebung dient auch als Basis für Aussagen zur Lohndiskriminierung von Frauen. Insgesamt verdienen Frauen laut dem erläuternden Bericht des Bundesrates zum Gleichstellungsgesetz rund 20 % weniger als Männer, unter Berücksichtigung von Branche und den erfassten persönlichen Merkmalen immer noch rund 10 % weniger. Aus der Sicht des Bundesrates stellt dieser Unterschied Lohndiskriminierung dar. Wiederum ist eine mangelhafte statistische Analyse Basis für diese Aussage. Bei Frauen fehlt insbesondere der Effekt der unterbrochenen Karrieren, welcher sich auf den Lohn über den gesamten Karriereverlauf auswirkt. Trotzdem schlägt der Bundesrat als «Gegenmassnahme» für alle Betriebe mit über 50 Angestellten regelmässige betriebsinterne Lohnanalysen vor, mit externen Kontrollen der Resultate sowie der allenfalls fälligen Korrekturmassnahmen.

Staat als Richter über die Löhne?

Auf Basis des Gleichstellungsgesetzes soll damit eine neue Bürokratie geschaffen werden, welche die Löhne in der Schweiz flächen­deckend kontrollieren soll. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Staat den «gerechten» Lohn bestimmen kann. Der Staat masst sich dabei eine Allwissenheit an, welche höchst realitätsfremd ist. Es soll ein angenommenes Marktversagen korrigiert werden, das auf Basis einer mangelhaften statistischen Analyse ermittelt wurde. Die negativen Folgen einer solchen fehlgeleiteten Regulierung können dramatisch sein.

Kosten des Politikversagens

Falls der Eingriff in die Lohnstruktur ein effektives Marktversagen korrigieren würde, wäre nicht mit negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung zu rechnen. Angesichts der Grenzen der Lohnanalyse wäre das Gegenteil der Fall. Staatlich festgesetzte Löhne für Frauen oder für Zuwanderer werden in vielen Fällen zu diktierten Löhnen führen, welche eine Beschäftigung als nicht mehr attraktiv erscheinen lassen. Eine Verschlechterung der Aussichten auf dem Arbeitsmarkt wäre die Folge. Welche drastischen negativen Auswirkungen staatliche Eingriffe in die Lohnstruktur auf die Beschäftigung haben können, muss eigentlich nicht näher diskutiert werden. Das ist aus stark regulierten europäischen Arbeitsmärkten hinlänglich bekannt.

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