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Das grösste Schulzimmer der Welt

«ClassUnlimited»: Lernende im Ausland Das grösste Schulzimmer der Welt

Robert Stadler, Stv. Direktor / Leiter Kommunikation IHK

Einen vier- bis sechsmonatigen Auslandaufenthalt machen im letzten Lehrjahr, ohne den regulären Berufsschulunterricht zu verpassen? Die «ClassUnlimited» macht dies möglich. Eine einzigartige 4D-Didaktik sowie intelligente und interaktive Technologie überwinden mehr als 10000 Kilometer Distanz und ermöglichen es Bühler-Lernenden, den Schulunterricht von Uzwil sogar in China zu besuchen. Im September wurde das 10-Jahr-Jubiläum der Auslandeinsätze gefeiert.

Bühler ist in über 140 Ländern der Welt präsent und damit ein wirklich globales Ostschweizer Unternehmen. Doch nicht nur die Anlagen und Dienstleistungen des Uzwiler Technologiekonzerns überwinden Zeitzonen und geografische Distanzen, sondern auch seine Lernenden. Die internationale Mobilität hat in der Berufsbildung Einzug gehalten. Ob in China, Indien, Südafrika, Brasilien, Grossbritannien, Deutschland oder den USA: Seit der Einführung der Bühler-Auslandeinsätze vor zehn Jahren haben bereits 136 Lernende mehrere Monate ihrer Berufslehre an einem Bühler-Standort ausserhalb der Schweiz verbracht. «Mit dem Auslandaufenthalt machen wir unsere Lernenden fit für ein internationales Arbeitsumfeld und bereiten sie auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Standorten im Ausland vor», erklärt Christof Oswald, Head of Human Resources bei Bühler und IHK-Vizepräsident. «Die Lernenden erweitern ihre Skills und entwickeln so ein ganz anderes Verständnis für die komplexen kulturellen Gegebenheiten in den Partnerländern», ist Oswald überzeugt.

Lehrzeit in China

2008 erhielten die ersten fünf Lernenden – zwei Polymechaniker und drei Anlagen- und Apparatebauer – die Chance, zwei Monate ihrer Lehrzeit (hauptsächlich während der Sommerferien) in China zu verbringen. In der Folge wurden weitere Lernende in verschiedene Produktionsstandorte nach China, Südafrika und England entsandt. In einem nächsten Schritt sollten die Auslandeinsätze auf vier bis sechs Monate ausgedehnt werden. Doch wie kann während so langer Zeit sichergestellt werden, dass der Lehrstoff aus der Berufsfachschule trotzdem vermittelt wird? Eine Lösung musste her; Bühler entwickelte zusammen mit dem Berufs- und Weiterbildungszentrum Wil-Uzwil (BZWU) das virtuelle Klassenzimmer «ClassUnlimited». Mit diesem Konzept gelang es ab August 2012, den wöchentlichen Unterricht während vier Monaten sicherzustellen. Dank intelligenter Multimediasysteme konnten Lernende im Ausland am Unterricht in Uzwil live und zusammen mit ihrer Stammklasse teilnehmen.

Fast wie im Meteostudio

Seit 2015 ist ein verbessertes und weiterentwickeltes System im Einsatz, «ClassUnlimited 2.0» genannt. Kernstück ist die sogenannte Lernarena, die Bühler wieder zusammen mit dem BZWU sowie der Pädagogischen Hochschule St.Gallen entwickelt hat. Dabei kommt die gleiche Technik zum Zug, die man auch aus Hollywoodfilmen kennt: Mittels Greenscreen-Technologie können die Lehrer virtuelle Animationen direkt erklären – genauso wie die Meteomoderatoren im Fernsehstudio zeigen, wo Regenwolken über die Schweiz ziehen werden.
Das neue virtuelle Schulzimmer wurde zudem geografisch gesehen noch grösser: Dank mehrerer Zuschaltungen können die Lernenden aus zwei verschiedenen Kontinenten zeitgleich und gemeinsam die Schulbank drücken. Mit Kameras werden sowohl die Berufsfachschüler in Uzwil als auch jene im Ausland gefilmt. Durch die im Rund angeordnete Sitzposition in der Lernarena haben alle optimale Sicht auf die Lehrperson, die Mitschüler und den Schulstoff.
«ClassUnlimited» ist nicht nur technologisch eindrücklich, sondern basiert auch auf einem ausgeklügelten didaktischen Konzept: Beim «Flipped Classroom», also einem umgedrehten Unterricht, erarbeiten die Schüler die Lerninhalte zuerst im Selbststudium oder in kleineren Gruppen und wenden dieses Wissen danach im virtuellen Schulzimmer an. Diese Lernform nimmt eine ohnehin stattfindende Entwicklung auf. Denn wer wissbegierig ist, erarbeitet sich heutzutage dank der Möglichkeiten der Digitalisierung ohnehin selbständiger und selbstbestimmter als früher die gewünschten Lerninhalte.

Augmented Reality

Vergangenen September wurde das 10-Jahr-Jubiläum der Bühler-Auslandeinsätze für Lernende gefeiert. Und bereits wird an weiteren Ausbauschritten getüftelt: Bühler testet auch den Einsatz von Augmented und Mixed Reality für den Berufsschulunterricht in Zusammenarbeit mit der Agentur Netcetera: Mit der HoloLens-Brille können Lernende die haus­eigenen Vermahlungsmaschinen direkt im Klassenraum gemeinsam in 3D und in Originalgrösse betrachten, sich frei um das 3D-Objekt bewegen, die Maschine öffnen, auseinandernehmen und so das Verständnis für die Funktionsweise und das Innenleben vertiefen.

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