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«Das Bedürfnis nach Elektromobilität steigt»

Markus Schwingel und Daniel Engelberger, die Geschäftsführer der Christian Jakob AG, im Gespräch «Das Bedürfnis nach Elektromobilität steigt»

Robert Stadler, stv. Direktor / Leiter Kommunikation IHK

Die Christian Jakob AG vertritt die Marken BMW und MINI an den Standorten St. Gallen und Widnau. Vor fünf Jahren wurde das Unternehmen von Markus Schwingel und Daniel Engelberger übernommen. Im Interview mit IHKfacts verraten die beiden, von welcher Entwicklung der Mobilität sie ausgehen, wie sich die Kundenbedürfnisse verändern oder welche Zukunft der Verbrennungsmotor hat. Eines ändert jedenfalls nicht: der Wunsch nach individueller Mobilität.

2016 waren in der Schweiz mehr als 5,9 Millionen motorisierte Strassenfahrzeuge immatrikuliert, davon 4,5 Millionen PWs. Dies entspricht einer Zunahme um 30% seit dem Jahr 2000. Als Garagisten müssen Sie daran Freude haben oder wie erleben Sie die Entwicklung?

Daniel Engelberger: Wir sind dankbar, dass wir in einem wachsenden Markt mit zwei begehrten Premiummarken aktiv sind. Als Kehrseite der Medaille gilt es jedoch auch zu berücksichtigen, dass sich die Margen und Serviceintervalle halbiert haben.

Wird die Zahl der Fahrzeuge im gleichen Mass weitersteigen? Welchen Einfluss wird Carsharing auf die Anzahl Fahrzeuge haben? Gerade in Städten ist feststellbar, dass immer weniger ein eigenes Auto besitzen.

Markus Schwingel: Ein solches Wachstum ist aufgrund der Bevölkerungszahl nicht mehr realistisch, nichtsdestotrotz wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren eine Zunahme der Elektro- und Plug-in-Hybrid-Modelle sowie der alternativen Mobilitätskonzepte stattfinden, dies jedoch auf einem sehr tiefen Niveau. In den städtischen Gebieten wird das Carsharing einen grösseren Einfluss haben als in den ländlichen Gebieten – auf die Anzahl verkaufter Fahrzeuge wird Carsharing aber kaum einen Einfluss haben.

In eine ähnliche Richtung geht, dass Jüngere wie die Generation Y weniger Wert legen auf Statussymbole wie schöne Autos. Welche veränderten Kundenbedürfnisse stellen Sie fest?

Markus Schwingel: Ein grosses Bedürfnis der jüngeren Kunden ist die Konnektivität, also dass zum Beispiel im Auto Mails oder Kalenderdaten abgerufen werden können. Diese Vernetzung erhöht den Komfort und trägt zur Sicherheit bei.
Daniel Engelberger: Bei den Kundenbedürfnissen sind vor allem regionale Unterschiede festzustellen. In Grossstädten verliert die individuelle Mobilität tendenziell an Bedeutung. Im ländlicheren Raum wie bei uns in der Ostschweiz sieht das hingegen anders aus.

Elektromobilität ist gross im Kommen und profitiert von einem sauberen Image. Gibt es bald nur noch elektrische Fahrzeuge auf den Strassen?

Daniel Engelberger: Wir rechnen, dass im Jahr 2025 jedes dritte verkaufte Fahrzeug ein elektrifiziertes Fahrzeug sein wird, das heisst, ein Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Modell.

Josef Brusa (siehe Artikel Seite 16) glaubt, dass bereits in 10 bis 15 Jahren keine Autos mit reinen Verbrennungsmotoren mehr produziert werden ...

Markus Schwingel: Wenn man von elektrifizierten Autos spricht, also von Hybridfahrzeugen und nicht reinen Elektroautos, könnte diese Prognose möglicherweise sogar stimmen. Die Nachfrage nach elektrifizierten Autos steigt zweifellos. Dennoch sind wir überzeugt, dass der Verbrennungsmotor noch einige Zeit seine Berechtigung haben wird.

Wie setzt sich bei Ihren eigenen Kunden der Anteil zusammen? Wie viel Prozent der verkauften Neuwagen sind Elektro- oder Hybridfahrzeuge, wie viel Diesel oder Benziner?

Daniel Engelberger: Aktuell machen die elektrifizierten Fahrzeuge (Elektro- und Hybridfahrzeuge) rund 12% aus. Diesel- und Benzinmotoren teilen sich den restlichen Anteil mit je 44%. Hier ist der Trend ganz klar, dass elektrifizierte Fahrzeuge zunehmen werden, während Benziner und Diesel leicht rückläufig sind.

Welche Erwartungen äussern Ihre Kunden in Bezug auf Elektromobilität?

Markus Schwingel: Reichweite und eine gute Infrastruktur mit Ladestationen sind die Haupterwartungen unserer Kundinnen und Kunden. Und wir spüren ein Interesse an Elektromobilität.
Allein schon, dass wir von der BMW Group bis im Jahr 2025 25 neue elektrifizierte Modelle – davon zwölf voll elektrische – erhalten werden, zeigt, dass das Bedürfnis nach Elektromobilität steigt.

Welche Hürden sind momentan noch zu beseitigen, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen?

Daniel Engelberger: Es sind dies mehrere Faktoren wie die Infrastruktur der Ladestationen, Ladezeiten, Reichweite, Anschaffungskosten und die Nachhaltigkeit (Recycling der Batterie), Stromversorgung sowie Kaufanreize durch Staat und Politik.

Sie rufen nach Unterstützung durch den Staat?

Markus Schwingel: Nein, das ist natürlich nicht gemeint. Aber die weitere Entwicklung hängt auch von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. Wenn zum Beispiel die CO2-Zielvorgaben für Neuwagenflotten verschärft respektive mit höheren Sanktionen belegt werden, dann beschleunigt dies den Wandel hin zur Elektromobilität.

Mit Tesla bei der Elektromobilität und Google beim autonomen Fahren mischen neue Anbieter den Automarkt auf und fordern die deutschen Autokonzerne heraus. Was haben die traditionellen Autohersteller dem entgegenzusetzen?

Daniel Engelberger: Der Wettbewerb belebt das Geschäft und fördert Innovationen. Somit werden sich alle Automobilhersteller dem Markt stellen und mit neuen Dienstleistungen und marktgerechten Produkten die Zukunft der Mobilität gestalten. Mit über 100 000 verkauften elektrifizierten Fahrzeugen im Jahr 2017 ist BMW bereits heute Marktführer im Bereich der Elektromobilität.

Der Dieselmotor war der Stolz der deutschen Automobilindustrie. In der Schweiz ist der Anteil an Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren laufend angestiegen. Diese Entwicklung dürfte zu Ende sein, da das Image des Diesels mittlerweile gelitten hat. Gewisse grosse Städte haben bereits ein Verbot für Dieselfahrzeuge beschlossen. Wie erleben Sie die Diskus-sionen mit Ihren Kunden?

Markus Schwingel: Entgegen den Medienberichten führen wir mit unserer Kundschaft fast keine Diskussionen zu diesem Thema, im Gegenteil: Die Nachfrage nach modernen Dieselmotoren mit Abgasnorm ab Euro 6 ist nach wie vor sehr hoch und die Nachfrage ist stabil.

Eine Vision, die zum Teil bereits Realität ist, ist das autonome Fahren: Autos brauchen keinen Fahrer mehr, sondern steuern den Wagen künftig selbst. Ist das nicht ein Risiko für sportliche Marken wie BMW, wenn auf unseren Strassen alle Autos konstant, sparsam und gleichförmig unterwegs sind? Denn in einer solchen Zukunft spielen die (Leistungs-)Unterschiede der Autos keine grosse Rolle mehr.

Daniel Engelberger: Wir stehen vor allem für Freude am Fahren. Freude am Fahren bedeutet auch, entspannt, sicher und vernetzt unterwegs zu sein. Genau dies bieten alle BMW- und MINI-Modelle, z.B. ist es möglich, Nachrichten zu empfangen und zu versenden, die Agenda wird im Fahrzeug angezeigt, es gibt Assistenzsysteme wie Spurhalteassistent etc. Und Elektromobilität macht speziell im Bereich Beschleunigung noch mehr Fahrfreude – das müssen Sie bei einer Testfahrt einmal erleben.

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