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«Frankenstärke als kontinuierliche Fitnesskur»

IHK Business Outlook «Frankenstärke als kontinuierliche Fitnesskur»

Inflation, Zinsen, Frankenstärke: Wohin geht die geldpolitische Reise? Dieser Frage widmete sich der IHK Business Outlook am 27. März 2024 mit Martin Schlegel, Vizepräsident der Nationalbank. Die Bühnengäste aus Wirtschaft und Akademie waren sich einig: Die SNB leiste sehr gute Arbeit, auch wenn die Frankenstärke ein Belastungsfaktor für die hiesige Exportindustrie sei. Rund 200 Gäste folgten der Einladung in den St.Galler Pfalzkeller.

Die Überraschung war gross, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) am vergangenen Donnerstag eine Leitzinssenkung von 1,75 % auf 1,5 % verkündete. «Der verminderte Inflationsdruck liess diesen Schritt zu», begründete SNB-Vizepräsident Martin Schlegel im Pfalzkeller den Entscheid. Nach Inflationsraten von bis zu 3,5 % im August 2022 habe sich die Teuerung deutlich abgeschwächt und befinde sich nun wieder klar innerhalb des Zielbands von 0 bis 2 %.

Preisstabilität als Standortvorteil

Die Nationalbank berücksichtigte mit ihrem Entscheid auch die im letzten Jahr erfolgte reale Aufwertung des Frankens. Martin Schlegel betonte klar: «Die SNB beobachtet den Wechselkurs genau, aber Kernaufgabe ist und bleibt die Preisstabilität.» Diese zu gewährleisten sei der wichtigste Beitrag, den die SNB für eine funktionierende Wirtschaft leisten könne.

Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, pflichtete bei: «Preisstabilität schafft Planungssicherheit für Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten». Dies sei ein klarer Standortvorteil für die Schweiz. Umso wichtiger sei die Unabhängigkeit der Nationalbank, erklärte Pascal Gantenbein, Professor für Finanzmanagement an der Universität Basel. Die Forschung zeige klar, dass die Unabhängigkeit einer Zentralbank die Preisstabilität begünstige.

Frankenstärke als Herausforderung für Exportindustrie

Die hiesige Exportindustrie nahm den Leitzinsentscheid mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis. Stellvertretend sagte Lucius Gerig, EVP der Division Schweiz und Konzernleitungsmitglied bei Stadler: «Die Aufwertung des Frankens hat uns zuletzt stark gefordert.» Der Ostschweizer Schienenfahrzeughersteller befinde sich auf dem internationalen Markt im Wettbewerb mit Lieferanten aus dem Euro-Raum. Erschwerend komme hinzu, dass Stadler das Währungsrisiko zwischen Angebotsabgabe und potenzieller Zusage nicht mittels Financial Hedging absichern kann und zudem sehr langfristige Verträge abschliesse. Trotzdem nimmt Gerig die Frankenstärke sportlich: «Die Frankenstärke wirkt wie ein Fitnessprogramm.» Er betonte, dass 4'500 sehr gut ausgebildete Stadler Mitarbeiter in der Schweiz, 14'500 weltweit, dadurch tagtäglich gefordert werden und eine beeindruckende Leidenschaft sowie Innovationskraft an den Tag legen. Dies, um die Kundenbedürfnisse, von der massgefertigten Matterhorn Gotthard Bahn bis zum hochinnovativen Wasserstoffzug in den USA, bestmöglich zu erfüllen.

Die Schweiz, ein Sonderfall

«Die Schweiz, ein Sonderfall – einmal mehr», stellte IHK-Direktor Markus Bänziger mit Blick auf den ersten Zinsschritt einer Zentralbank fest. Im Vergleich zum Ausland sei die Schweiz mit tiefer Teuerung durch die letzten drei Jahre gekommen. Als Gegenbeispiel führte Bänziger das Euro-Land Estland auf, wo die Inflation zeitweise fast 25 % betrug.

Gemeinhin attestierten die Bühnengäste der Nationalbank gute Arbeit. IHK-Präsident Roland Ledergerber, der durch den Abend führte, hielt in seinem Schlussstatement an die Adresse von Martin Schlegel fest: «Wir haben in der Schweiz Preisstabilität. Sie machen einen sehr guten Job.»